Thema der Woche

Selbstversuch mit Burka in Paris

■ betr.: „Unter dem Schleier unterwegs“, taz vom 13. 4. 11

Spendiert der kleinen schönen Rubrik „verboten“ mal eine ganze Seite 14. Und bietet der Seite eine Burka an.

Was sagt nun die Burka-Seite 14 selbst dazu: Ich mache es ja freiwillig, es ist schön warm hier drunter, durch den Vollschleier kann ich mich auch viel besser konzentrieren. Und es ist ja nicht nur aus religiösen Gründen, mir gefällt es auch. Was mein Mann dazu sagt, das kümmert mich gar nicht. Und in der Vorstadt habe ich außerdem Ruhe vor den Jungs dort. Pourquoi pas?

JÜRGEN BRAUWEILER, Berlin

■ betr.: „Unter dem Schleier unterwegs“, taz vom 13. 4. 11

Ich bin gegen Verbote, wenn es darum geht, Menschen Vorschriften über Kleidungsstücke zu machen, die für sie eine religiöse Bedeutung haben.

Aber ich möchte dringend ebenso mein Unbehagen darüber kundtun, Frauen mit Niqab bekleidet zu begegnen, bei denen ich keine Chance habe, ihr Gesicht zu sehen beziehungsweise ihnen in die Augen zu schauen.

Ich denke, dass ich ein Recht darauf habe, dass mir das bei meinem Gegenüber möglich ist!

EVA REWALD

■ betr.: „Unter dem Schleier unterwegs“, taz vom 13. 4. 11

Drei Männer beglückwünschen die Niqab-Trägerin Alexandra Friedmann auf ihrem Weg durch Paris. Ihrer Meinung nach ist das Gesetz, wonach Burkas und Gesichtsschleier in der französischen Öffentlichkeit verboten sind, „ungerecht“, „ein Skandal“ und von einer Regierung veranlasst, die „keine Kultur hat“. Ich schließe mich dem Kommentar der Passantin an, die die Verhüllung von Frau Friedmann „grässlich“ findet. Wieso soll eine zutiefst frauenfeindliche Bekleidungsvorschrift, die noch nicht einmal das problemlose Trinken einer Tasse Kaffee erlaubt, für Kultur und Gerechtigkeit stehen – auch wenn sie tausendmal religiös begründet wird?

Die solidarischen Herren, die der Verhüllungskünstlerin applaudieren, könnten ihre Solidarität zeigen, indem sie sich selbst nur noch in Burka oder mit Niqab auf die Straße begeben. Ein Gedanke, den sie wahrscheinlich „grässlich“ fänden. CLAUDIA PINL, Köln

■ betr.: „Unter dem Schleier unterwegs“, taz vom 13. 4. 11

Ist das investigativer Journalismus? Als das Gespenst Belfegor unterwegs in Paris. Frau Friedmann schreibt vom Zuspruch von männlicher und muslimischer Seite, aber nichts darüber, wie es ist, die Welt und die Mitmenschen durch textile Gitterstäbe zu sehen. Von der eigenen Mutter oder Freundin auf der Straße nicht erkannt werden zu können. Das Ganze liest sich wie eine Verteidigung dieser grotesken Maskerade. Genauso könnte Frau Friedmann verteidigen, dass Frauen für gleiche Arbeit weniger Geld bekommen als Männer. Gibt sicher eine Religion, die das richtig findet. Frauen sollten (genau wie Männer) immer und überall ihr Gesicht zeigen und Bekleidungsvorschriften nicht so viel Bedeutung beimessen. Warum dürfen eigentlich gutaussehende junge muslimische Männer unverhüllt ihre Reize auf den Straßen zeigen? BEATE SCHMIDT, Borchen

■ betr.: „Unter dem Schleier unterwegs“, taz vom 13. 4. 11

Eine Frau (weiß man es so genau?) geht verschleiert durch Paris und zahlreiche Männer reagieren begeistert, die Frauen ablehnend und gereizt.

Als es vor einigen Jahren eine Initiative in der Türkei für die Aufhebung des Verschleierungsverbots an den Türkischen Universitäten gab, haben sich zu 90 Prozent Männer auf den Unterstützungslisten eingetragen.

Ganz offensichtlich ist es vor allem das Interesse der Männer, dass Frauen sich auf diese Weise in der Öffentlichkeit einschränken, während doch als Begründung dafür immer das angeblich ureigene weibliche religiöse Interesse an – natürlich freiwilliger – Verschleierung angeführt wird.

Angesichts der vermummten, sich gesichtslos der sozialen Interaktion verweigernden Gestalt auf dem Foto wird die verunsicherte Reaktion der Passanten („Blicke aus Augenwinkeln“) durchaus verstehbar.

Dass Männer es sich herausnehmen, die Aufmachung ihnen völlig fremder Frauen unaufgefordert zu kommentieren (Daumen rauf oder runter), offenbart das Gefühl sozialer Überlegenheit, das sie haben.

LUCIA ALEKNA-HANSEN,

Hamburg

■ betr.: „Unter dem Schleier unterwegs“, taz vom 13. 4. 11

Sehr schöner Artikel. Man kann ja über den Islam unterschiedlicher Meinung sein, aber was da in Frankreich gemacht wird, finde ich unsäglich. Ich hoffe doch, im Gegenzug wird auch all die frauenverachtende, sexistische Werbung und „aufreizende“ Kleidung für beiderlei Geschlecht verboten. Ich finde zum Beispiel Feinrippträger und Socken + Sandalen eine Beleidigung meiner Augen. Sollte umgehend verboten werden. Genauso alle Trachten, die Körperregionen im größeren Stil verhüllen, ob die dabei zur westlichen Leitkultur gehören, sollte dabei natürlich unerheblich sein. Liberté, égalité, fraternité. Vive la France! meinname, taz.de

■ betr.: „Unter dem Schleier unterwegs“, taz vom 13. 4. 11

„Gut“, meinen alle (Männer), nur die Adrette in mittleren Jahren zischt ihr Missfallen über die verhüllt umherstolzierende Schöne im himmelblauen Schleier (das Paradies lässt grüßen), und die zwei rauchenden Schlampen kurz vor der Haustür haben auch was dagegen. Aber sonst alles paletti, sogar der weise arabische Gelehrte weiß ein Sprüchlein von Platon (!) zu zitieren und ein anderer männlicher Erdbewohner will sich sogar mit ihr stolz fotografieren lassen. Die dummen, dummen Gesetze aber auch, wo sich doch eh niemand drum schert in Frankreich. INGRID V. STADEN, Stuttgart

■ betr.: „Unter dem Schleier unterwegs“, taz vom 13. 4. 11

Sehr gut! Wider der Islamophobie! Hier gilt Religionsfreiheit, und selbstverständlich fällt auch der Islam darunter. Es ist das gute Recht der BurkaträgerInnen, dagegen zu protestieren. Es ist schließlich ein Eingriff bzw. gesetzliches Verbot gegen ihre Religion. Das würde ich mir auch nicht bieten lassen. Meine vollste Unterstützung haben sie. Soll doch jeder so rumlaufen wie er will. Ein bisschen mehr Respekt und Toleranz vor anderen Kulturen sollte man hier in Europa schon erwarten können, vor allem in einer multikulturellen Gesellschaft darf Intoleranz keinen Platz haben. Malte, taz.de

■ betr.: „Unter dem Schleier unterwegs“, taz vom 13. 4. 11

Offiziell handelt es sich um ein „Vermummungsverbot“, ähnlich wie in Deutschland. Nicht nur die Vollschleier seien verboten, sondern auch integrale Motorradhelme, Kapuzen usw. In Deutschland waren vermummte Demonstranten der Vorwand für das „Vermummungsverbot“, in Frankreich sind es verschleierte Frauen.

Karl Ilnyzckyj, taz.de

■ betr.: „Unter dem Schleier unterwegs“, taz vom 13. 4. 11

Natürlich sind nur positiv gestimmte Menschen an die Verfasserin dieser Zeilen herangetreten und ganz Frankreich stimmte ihr zu, das Tragen der Burka gegen das Gesetz zu praktizieren. Dieser Artikel zeigt die nicht ernstzunehmende journalistische Objektivität der taz, die mit ihrer täglichen linken Propaganda den bürgerlichen Gutmenschen so perfekt das Märchen von gelungener Integration der Muslime in Europa vorgaukelt und völlig außer Acht lässt, das die Franzosen die Ersten sind, die dieses völlig richtige Gesetz umsetzen.

Denn auch in Deutschland gilt das Vermummungsverbot, und nichts in der Welt rechtfertigt die Umgehung von Gesetzen, auch nicht der Vorwand Religionsfreiheit. Torsten Zenk, taz.de

Seit dem 11. April werden in Frankreich Bußgelder für das Tragen von Burka oder Niqab verhängt und Kurse in Staatsbürgerkunde verordnet. Dazu droht ein Eintrag ins polizeiliche Führungszeugnis.

taz-Autorin Alexandra Friedmann ging mit Ganzkörperschleier in Paris auf die Straße, um die Lage auszuloten. „Grässlich“, zischelt eine Passantin, „super, dass Sie das machen“, sagt ein Marokkaner.

Die Polizisten, die ihr begegnen, würdigen sie keines Blickes.

Die taz-LeserInnenschaft begrüßt mehrheitlich das Verschleierungsverbot im Interesse der Frauen. Es gibt aber auch kritische Stimmen. Sie sehen darin einen Angriff auf Religionsfreiheit und einen Ausdruck von Islamophobie.