DIE STIMMEN DER ANDEREN
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Le Figaro (Frankreich)

Es braucht mehr Kampfflugzeuge

Libyens Staatschef Muammar al-Gaddafi muss letztendlich gehen. Das ist jetzt das erklärte Ziel der Koalition. Es ist jedoch keine Voraussetzung für eine Feuereinstellung, unter der Bedingung, dass die Regierungstruppen in ihre Kasernen zurückkehren. Die Luftschläge der Koalition werden jedoch fortgesetzt. Sie sollen Zivilisten schützen und sollen den Druck für den tatsächlichen Übergang zu einer demokratischen Regierung aufrechterhalten. Um diese neue Strategie umzusetzen, braucht die Nato zusätzliche Kampfflugzeuge, denn an den Einsätzen beteiligen sich nur 6 von 28 Ländern. An der politischen Front hat die Europäische Union Sanktionen gegen den abtrünnigen ehemaligen libyschen Außenminister Mussa Kussa aufgehoben. Diese großzügige Geste kann nur andere Parteigänger Gaddafis ermutigen, die Seiten zu wechseln.

Corriere della Sera (Italien)

Die arabische Jugend hat kein Projekt

Was wir in Nordafrika bisher sehen, das sind nur Revolten, Aufstände. Man täuscht sich, wenn man das Revolution nennt. Es kann sein, dass die Jugend, die die Straßen beherrscht hat, jetzt ihrerseits versucht, sich in Parteien zu organisieren oder auch in Wahlkampforganisationen und Regierungskräften. Das kann sein, doch ist diese Jugend, die da in Nordafrika und Umgebung rebelliert, auf dieses nicht vorbereitet. Sie hat kein Projekt. Und das Drama besteht darin, dass sie sich in Ägypten, in Tunesien und auch in Libyen – wo wir wirklich einem „drôle de guerre“ beiwohnen, einem seltsamen und verworrenen Krieg, der beispiellos ist – am Ende womöglich ausgehungerter denn je wiederfinden werden.

El País (Spanien)

Militärisches Patt droht

Will man den Einsatz allein aus dem Grund weiterführen, die Glaubwürdigkeit der Nato nicht zu beschädigen, könnte dies leicht zu einem militärischen Patt führen. Wenn wir die Grenzen der Resolution 1973 überschreiten, könnte der Krieg leicht zu einem illegalen werden. Vielleicht ist der Moment gekommen, in dem der Sicherheitsrat erneut über Libyen beraten muss, um entweder das Mandat auf Bodeneinsätze auszuweiten oder den aktuellen Rahmen, in dem die Einsätze durchgeführt werden, zu bestätigen. In letzterem Fall, der der wahrscheinlichere ist, bliebe den wichtigsten Mächten keine andere Möglichkeit, als die in der Resolution 1973 enthaltenen nichtmilitärischen Aspekte mit mehr Bestimmtheit umzusetzen. Das hätte von Anfang an gemacht werden sollen und jetzt lässt es sich nicht mehr aufschieben.

Le Jeudi (Luxemburg)

Gaddafis Sturz ist tatsächliches Ziel

Das ausdrückliche Ziel dieser Mission besteht darin, die libysche Zivilbevölkerung vor der Unterdrückung durch Gaddafis Truppen zu schützen. Das unausgesprochene, aber tatsächliche Ziel bleibt jedoch der Sturz des „libyschen Führers“. Die Legitimität einer solchen Intervention ist jedoch immer noch ungeklärt. Zum einen weil zahlreiche andere Staaten unter dem Joch von Diktatoren und Autokraten leiden, zum anderen weil das Risiko besteht, dass der Einsatz kein Ende findet. Die einzige Gewissheit ist, dass der arabische Frühling einen Bruch zwischen einer alten Ordnung und einer neuen darstellt, die allerdings noch erfunden werden muss.

La République des Pyrénées (Frankreich)

Zerwürfnis immer deutlicher

Von einem Treffen zum anderen macht die internationale Gemeinschaft ihr Zerwürfnis deutlicher. Über die Lieferung von Waffen an die Rebellen, über die Flugzeuge der Nato und nun über die Hypothese eines Waffenstillstands. Gestern Morgen rief UN-Generalsekretär Ban Ki Moon zu einer „politischen“ Lösung und einem „sofortigen Waffenstillstand“ in Libyen auf. Großbritannien und Frankreich meinen hingegen, ein Waffenstillstand ohne Perspektive auf politische Änderungen würde die heute inakzeptable Situation nur auf Dauer festzementieren. Und jeder hat das Bild der unglücklichen (EU-Außenbeauftragten) Catherine Ashton vor Augen, die gebetsmühlenartig wiederholt: „Gaddafi muss sofort abtreten.“

Quelle: dpa/eurotopics