EUROPA BLAMIERT SICH BEIM NAVIGATIONSSYSTEM GALILEO
: Halbherzige Industriepolitik

Beim geplanten Satelliten-Navigationssystem Galileo blamieren sich derzeit alle Beteiligten. Europas Hightech-Industrie war mit großen Versprechen angetreten und wollte ein Ortungssystem bauen, das den US-Vorreiter GPS technisch überrundet. Nicht nur Arbeitsplätze sollten entstehen, sondern auch neue, verbraucherfreundliche Anwendungen, etwa genauere Positionsbestimmungen auch in entlegenen Gebieten. Doch in fast zwei Jahren einigten sich die beteiligten Unternehmen – darunter die Telekom, EADS, Alcatel und Thales – weder auf einen Vertrag noch auf einen Chef. Während der Starttermin um mehrere Jahre verschoben wurde – derzeit ist 2012 im Gespräch –, sind die vorgesehenen Kosten deutlich gestiegen. Gleichzeitig versuchen die Unternehmen, wie bei öffentlich-privater Zusammenarbeit üblich, möglichst viele finanzielle Risiken auf den Staat abzuwälzen.

Die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten haben das hilflose Agieren der Industrie bislang hingenommen – obwohl die Entwicklungskosten von 1,5 Milliarden Euro komplett aus Steuermitteln bezahlt werden und auch die eigentlichen Baukosten von ca. 2,5 Milliarden Euro zu mindestens 30 Prozent öffentlich finanziert werden sollen. Erst gestern setzten die EU-Verkehrsminister dem Betreiber-Konsortium ein Ultimatum, um die internen Konflikte zu lösen.

Dieses zögerliche Agieren der Politik zeigt ein grundsätzliches Problem: Europa betreibt Industriepolitik allenfalls halbherzig. Die Entscheidung, öffentliche Gelder für die Entwicklung eines europäischen Navigationssystem bereitzustellen, ist nachvollziehbar. Unabhängigkeit vom GPS-System, das vom US-Militär jederzeit abgeschaltet oder eingeschränkt werden kann, scheint angesichts der wachsenden Bedeutung der Technik sinnvoll. Doch wenn dafür öffentliches Geld zur Verfügung gestellt wird, dann müssen auch bei der Verwendung staatlicher Einfluss und Kontrolle gewährleistet sein. Sonst wird es noch viele Beispiele wie Airbus oder Galileo geben, in denen Steuerzahler für das Versagen der Manager zur Kasse gebeten werden. MALTE KREUTZFELDT