PRESS-SCHLAG
: Heiliger Bimbam

KICK UND KIRCHE Religion ist Privatsache. Aber nicht im Fall von Trainer Frank Schaefer. Über dessen christliches Fundament wird heftig diskutiert

Ein Bibelkreis, das wissen wir spätestens seit den Aufzeichnungen des einen oder anderen Evangelisten, der uns vom Mysterium und Martyrium des Heilandes berichtete, ist gewiss kein Kaffeekränzchen. Denn solche Zirkel haben mitunter eine subversive Kraft. So gemahnt uns die Karwoche an das revolutionäre Potenzial, das einer solchen Runde innewohnen kann, denn nichts anderes als ein Revoluzzer war der Mann aus Nazareth in den Augen seiner Gegnerschaft. Dabei ging es ihm eigentlich nur um eines: um jene Werte, die nichts mit Mammon zu tun haben. Solche Anspruchslosigkeit an das Diesseits ist gefährlich, spätestens dann, wenn man die Händler aus dem Tempel jagt.

Das musste auch Frank Schaefer erfahren, der Trainer des 1. FC Köln. Schaefer, der im katholischen Köln bisher einen exzellenten Job versah, ist durch eine fragwürdige Themensetzung seines Sportdirektors Volker Finke zum Sonderling gestempelt worden. Denn der machte öffentlich: Schaefer gehört einer freikirchlichen Gemeinde an, er ist ein religiöser Mann, und er macht sich Gedanken über das Geschäft, das ihn umgibt, weswegen er zögerte, eine neuen Vertrag, der zur Unterschrift bereitlag, abzuzeichnen.

Der Profifußball ist, mit Verlaub, ein sonderbares Geschäft, und wenn ein Mann wie Schaefer sich fragt, warum seine Arbeit von einem auf den anderen Tag doppelt so viel wert sein soll oder gar noch mehr, dann spricht dies für eine gesunde Skepsis gegenüber den Mechanismen der Branche. Denn Schaefers Standpunkt ist klar: „Teile des Geschäfts widern mich an.“

Man muss sich mal fragen, welches Interesse Finke verfolgt. War es eine Gedankenlosigkeit? Oder will Finke seinem Trainer Arges? Schon länger rätseln Beobachter, warum sich der emeritierte Quasi-Professor des badischen Kurzpassspiels in die Trainingsarbeit eines erfolgreichen Kollegen einmischt, der schon längst den Segen von Ralf Rangnick bekommen hat. Ganz nebenbei zeugt dies von einer sonderbaren Intoleranz gegenüber Religion, wie sie sonst nur von denjenigen zu vernehmen ist, die sich über das Fasten muslimischer Profis beklagen. Finkes Einmischung ist ein Pendant zur Islamophobie, denn er tut ungefähr so, als hätte Schaefer aus dem Schoße des Lesezirkels zum Kreuzzug gegen den Wucher ausgerufen. Es ist nicht nur in Köln hilfreich, mal fünfe gerade sein zu lassen, anstatt einen Trainer, der zudem noch in der Posse die Contenance wahrt, an den Pranger zu stellen – wohl in der Hoffnung, sich seiner entledigen zu können.

Religion ist Privatsache. Das ist gut so. Und jetzt hoffen wir noch, dass die Fans so schnell nicht den Glauben an Volker Finke und Wolfgang Overath verlieren. STEFAN OSTERHAUS