Bahnprivatisierung dauert länger

Wirtschaftsminister Glos will sich mehr Zeit lassen als Verkehrsminister Tiefensee

BERLIN taz ■ Der aktuelle Zeitplan für die Privatisierung der Deutschen Bahn AG verschiebt sich erneut. Das Bundeswirtschaftsministerium bestätigte am Freitag, dass es den Gesetzesentwurf von Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) nicht wie von diesem geplant bis Ende März begutachten wird. „Die Prüfung des komplexen Sachverhalts brauche länger“, sagte ein Sprecher der taz. Damit wird ein abgestimmter Regierungsentwurf frühestens im Mai vorliegen.

Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) sieht in der weiteren Verzögerung der seit Jahren geplanten Privatisierung neue Chancen, die aktuellen Regierungspläne zu verhindern. Gemeinsam mit anderen Kritikern aus Koalition, Opposition sowie Umwelt- und Verkehrsorganisationen bemängelt der VCD schon länger, dass der Bund seinen Einfluss auf das Schienennetz abgeben will. Der VCD fordert deshalb Nachbesserungen.

Selbst die deutsche Industrie sieht in diesem Bereich inzwischen verfassungsrechtliche Probleme. „Wir haben Bedenken, dass der Bund zukünftig keine aktive Infrastrukturpolitik mehr betreiben kann und seine Gestaltungs- und Monitoring-Kompetenzen aus der Hand gibt“, sagte Kay Lindemann, Verkehrsexperte beim Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) gestern der taz. Der Staat müsse seinen Einflusses auf das Netz wahren können, falls man schlechte Erfahrungen mit dem neuen System mache. Umweltverbände forderten schon bisher, dass die Regierung endlich die negativen Erfahrungen einer Privatisierung mit Netz wie etwa in Großbritannien in dem Gesetzentwurf berücksichtigen solle.CHRISTIAN HONNENS