Ein Mann des Ausgleichs

Nett. Guter Kollege. Angenehmer Chef. Wer sich über Moritz Döbler erkundigt, den künftigen Chefredakteur des Bremer Weser-Kurier, hört keine bösen Worte. Das kommt selten vor in der Medienbranche, zumal bei Leuten in gehobener Position: Zuletzt war der 49-Jährige einer der geschäftsführenden Redakteure von Der Tagesspiegel, Berlin, dessen Wirtschaftsressort er zuvor Jahre lang geleitet hatte.

Seine ersten Zeitungstexte hatte er 1989 für die taz verfasst, Zivi war er damals, in Rotterdam. Das Handwerk vervollkommnet er an der Nannen-Schule, es folgen Stationen bei der dpa mit Einsätzen im Bosnien-Krieg, später bei der Agentur Reuters als Leiter des Berlin Büros. Warum Döbler von der Weltstadt in die Mittelmetropole wechseln will – da nennt Döbler „die enorme Marktmacht“ der Bremer Heimatzeitung. „In Berlin erreichen die drei großen Abo-Zeitungen zusammen etwa 22 Prozent der Bevölkerung“, rechnet er vor, „der Weser-Kurier in Bremen alleine fast doppelt so viel“. Das ermögliche, fokussierte Debatten anzustoßen, „mehr als bislang“.

Das hat er also vor. Wobei meinungsstark oder scharfzüngig nicht zu den lieben Worten gehören, die über Döbler fallen, und auch seine Kommentare weniger polemisch brillant wirken, denn um Ausgleich bemüht. Was wiederum für das Innenleben Weser-Kurier wichtig sein dürfte. Denn das Blatt durchleidet gerade eine tiefe Führungskrise. Ihr letzter Höhepunkt: die faktische Entmachtung der erst Ende 2011 angeworbenen Chefredakteurin Silke Hellwig durch die Installation eines zweiten Chefredakteurs, Peter Bauer, im Dezember. Ungewiss ist, wann der Tagesspiegel Döbler ziehen lässt. Er wolle „unbedingt rechtzeitig vor der Bürgerschaftswahl“ in Bremen ankommen, kündigt er an. Die findet am 10. Mai statt.  BES