Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Warum ist die RAF-Debatte noch einmal so hochgekocht? Vielleicht, weil die Konservativen noch einmal sagen wollten: „Ihr hattet Spaß, aber wir hatten Recht!“ – Und Brigitte Mohnhaupt? Auf die warten jetzt Kerner und Beckmann

Die SPD sucht nach einer Wirtschafts– politik für die Zukunft. Was sollte sie dabei auf jeden Fall vermeiden? Noch mal so etwas wie Schröder

taz: Was war schlecht in der letzten Woche?

Friedrich Küppersbusch: Entlassung Mohnhaupts exakt in der Sommerzeit-Schaltstunde zwischen zwei und drei Uhr – in der Stunde also, die gar nicht stattfand.

Was wird besser in dieser?

Legende, Mohnhaupt säße also teilweise immer noch.

Bundeswirtschaftsminister Glos (CSU) trifft sich in dieser Woche mit Arbeitsminister Müntefering (SPD), um den Niedriglohnsektor zu regeln. Ihm scheint eine Arbeitspflicht für alle Hilfsempfänger vorzuschweben – so eine Art Bundesarbeitsdienst. Was halten Sie von dem Konzept?

Glos’ historisch vorbestrafter Ansatz „Arbeitspflicht“ und Münteferings Großprogramm zur Sanierung öffentlicher Gebäude und Einrichtungen könnten besser zusammenpassen, als manchem recht ist. Denn im ehrenamtlichen Bereich sind die Ein-Euro-Jobs schon vergeben. In der Wirtschaft entstünden nicht wirklich neue Jobs, weil drangsalierte Arbeitslose für noch weniger als die 345 Euro Hartz antreten müssten. Oder: Der Staat überredet Unternehmen mit Geldzuschüssen, die Löhne weiter zu senken. Also könnte es auf den Koalitionskompromiss herauslaufen.„Irgendwie öffentliches Investitionsprogramm mit Zwang, aber als Wohltat, zudem Schulen wieder sauber und Finanzamt neu angestrichen, das mit den Autobahnen damals war auch ’ne SPD-Idee, der Führer hat das später geklaut. Ein etwas handlicherer Begriff wäre noch hilfreich.

Sind denn die anderen diskutierten Kombilohnmodelle vielversprechender?

Wie in der Medizin: Wer heilt, hat Recht. Grundsätzlich wird man Managerversagen und unethischer Betriebsführung niemals auf die Spur kommen, wenn man schon vorher mit Geld wirft. Der Druck auf die Wirtschaft, Produkte und Dienstleistungen zu erfinden, die sich refinanzieren, sinkt ja auch nicht, wenn der Staat dafür sorgt, dass nebenher unsinnige Produkte für umsonst hergestellt werden. Soll ich mal versuchen, einen Film zu verkaufen mit dem Argument „Braucht keiner, ist aber ’n Schnäppchen, weil der Staat die Redakteure bezahlt hat“? Vermutlich wird mir der Dreck aus der Hand gerissen. Okay, ich bin dafür.

Die SPD fragt sich immer dringender, wie eine sozialdemokratische Wirtschaftspolitik aussehen kann. Früher hieß es: So viel Markt wie möglich, so viel Staat wie nötig. Reicht das noch im globalisierten Wettbewerb?

Mir nicht.

Der SPD-Generalsekretär Hubertus Heil stellt diese Woche ein „Lesebuch zur Programmdebatte“ vor. Was wäre denn für die SPD am wichtigsten, um ihren Platz zu behaupten oder gar zu verbreitern zwischen der neuen Linkspartei, der sich recht sozialdemokratisch gebenden CDU und den Grünen?

Bei Linkspartei und CDU sind die sozialen Aspekte national, im Festhalten an gewerkschaftliche Errungenschaften und Traditionen aus der Schreckensdimension politischer Gemütlichkeit. Bei den Grünen ist der Nachhaltigkeitsgedanke auch konservativ, aber logisch global; das wohnt dem Umweltthema zwingend inne. Bleibt der SPD als Alleinstellungsmerkmal, aber auch als überzeugendster Ansatz, „global sozial“.

Und was sollte die SPD auf jeden Fall vermeiden?

So etwas wie Schröder.

Gestern Morgen wurde die ehemalige RAF-Terroristin Brigitte Mohnhaupt aus der Haft entlassen. Was erwartet sie?

Kerner, Beckmann, alle eigentlich.

Die RAF ist lange aufgelöst, ihr Terror vorbei. Warum hat die RAF-Debatte sich so aufgeheizt?

Ich weiß auch nicht … vielleicht: Joschka Fischers Selbstverständnis als „politischer Live-Rock-’n’-Roller“ als Gegenpol zu den Altersgenossen von der anderen Seite: Tanzschüler, mäßige Slow-Fox-Dilettanten, also eine brunzlangweilige Jugend … aber legal! Immerhin! Die Konservativen wollen dringend noch einmal sagen: „Ihr hattet Spaß, aber wir hatten Recht!“ Vielleicht so.

Angesichts des Medienhypes, was erhoffen Sie sich? Das Ende einer absurden Debatte?

Na, selbst wenn es noch irgendetwas zu debattieren gäbe: Der humanistische Rechtsstaat kann gerade mangelnde Humanität am besten mit gnadenloser Humanität abstrafen. Dies, was die Haftdauer angeht. Im öffentlichen Diskurs finde ich allerdings die biografische Bedingtheit und Bestimmtheit politischen Handelns hochinteressant und hoffe weiter auf Auskünfte.

Was macht Borussia Dortmund?

Auf www.schwatzgelb.de werden die Vorzüge eines Abstiegs in die zweite Liga diskutiert. Mal wieder den Trainer feuern, um die Fans auf andere Gedanken zu bringen.

Und was macht die deutsche Fußballnationalmannschaft?

Sie löwt. FRAGEN: DH