Hermenau will mehr für Adel tun

SACHSEN Die Spitzenkandidatin der Grünen verzichtet auf den Fraktionsvorsitz. Sie wolle sich stärker ihrem Sohn widmen. Der Rückhalt der schwarz-grünen Verfechterin schwand

AUS DRESDEN MICHAEL BARTSCH

Die Spitzenkandidatin der Grünen in Sachsen Antje Hermenau wird nicht mehr für den Vorsitz der achtköpfigen Landtagsfraktion kandidieren. Das erklärte sie am Mittwochabend nach der Kreismitgliederversammlung in Dresden. Nach dem knappen Wahlergebnis von 5,7 Prozent am vergangen Sonntag hat sie offensichtlich weiter an Rückhalt in der Partei verloren. Besonders in Dresden werden ihre Sympathien für ein schwarz-grünes Regierungsbündnis mitverantwortlich für die Verluste gemacht.

Eben weil ihr Liebäugeln mit der CDU zur Distanzierung einer Mehrheit der Mitglieder führte, scheidet eine solche Koalition in Sachsen nunmehr praktisch aus.

Am Sonnabend wird dazu der 16-köpfige Parteirat tagen. Ihm gehören auch bisherige Abgeordnete und Repräsentanten der Kreisverbände an. Dann werden die Weichen gestellt, ob man überhaupt in Sondierungsgespräche mit der Union eintreten wolle. Nach einem Vorgespräch hatte die CDU eine solche Einladung offiziell ausgesprochen. Landessprecherin Claudia Maicher hatte schon am Montag erklärt, dass sie im Wahlergebnis keinen Regierungsauftrag sehe.

Hermenau war seit Sonntag kaum öffentlich in Erscheinung getreten, erschien Parteifreunden als nachdenklich und enttäuscht. Die 50-Jährige hatte die Fraktion seit 2004 geführt, als den Bündnisgrünen nach zehnjähriger Auszeit der Wiedereinzug in den Landtag gelang.

Für Verwirrung bei den sächsischen Grünen sorgt Hermenaus Behauptung, sie habe den Verzicht bereits im Frühjahr bei ihrer Bewerbung um die Spitzenkandidatur angekündigt. Eine mögliche Auslegung ihrer damaligen Erklärung, sie wolle als Spitzenkandidatin bis zum Wahltag am 31.August zur Verfügung stehen. Auch das Argument, sie wolle sich nun mehr um ihren Sohn Adel Friedrich Dirk kümmern, erscheint verständlich, aber nicht hinreichend.

Über Favoriten für die Nachfolge Hermenaus an der Fraktionsspitze haben die Grünen Stillschweigen vereinbart. Neben Maicher werden vor allem ihrem Kovorsitzenden Volkmar Zschocke gute Aussichten eingeräumt. Beide repräsentieren die sechs Parlamentsneulinge und die jüngere Generation der sächsischen Bündnisgrünen.

Ebenso wie Landesgeschäftsführer Till Käbsch bekräftigt aber auch die parlamentserfahrene Innenpolitikerin Eva Jähnigen, wie wichtig Antje Hermenau nunmehr in der zweiten Reihe für die Fraktion bleibt. Ihre finanzpolitische Kompetenz ist hier wohl weiter gefragt.