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Ordnung dank Feng Shui

ENERGIESTRÖME Die Prinzipien von Yin und Yang lassen sich besonders gut auf die Räume anwenden, in denen das größte Chaos herrscht. Danach sieht es dort aufgeräumter aus

VON LEA ZIEROTT

Anna-Lena de la Vega ist gerade umgezogen und lebt nur aus Kartons – gerade für sie keine schöne Situation: de la Vega ist Feng Shui-Beraterin. Spezialisiert hat sie sich auf Kinderzimmer: Für Feng Shui – die Lehre von der Harmonisierung des Menschen mit seiner Umgebung – gebe es da kaum Angebote, sagt sie. „Dabei sind sie die schwierigsten Fälle, weil in ihnen alles, also schlafen, lernen und wohnen zusammenkommt.“

Im Feng Shui wird davon ausgegangen, dass sich in der Mitte jedes Raumes eine Energiequelle befindet, von der aus die Energie strömt. Die Bewegung der Energie wird an den fünf Elementen Feuer, Metall, Wasser und Erde festgemacht. Sie bilden einen Energiekreislauf, der gestört ist, sobald eines der Elemente nicht mehr im Gleichgewicht ist.

Mit Hilfe eines bestimmten Rasters und der Himmelsrichtungen wird bestimmt, welche Teile des Raumes welchen Elementen zugeordnet sind. Der Energiefluss wird durch die gezielte Anordnung der Möbel optimiert – und durch den Einsatz bestimmter Materialien, Formen und Farben.

So kommen Yin und Yang, die entgegengesetzten Prinzipien der chinesischen Philosophie, ins Gleichgewicht. Übertragen auf das Kinderzimmer hieße das, einerseits zentrierte und ruhige, andererseits bunte und knallige Punkte zu haben.

Nach Ansicht von Anna-Lena de la Vega sind die meisten Kinderzimmer zu voll, zu bunt und zu unpraktisch eingerichtet. Überall werde den Eltern suggeriert, es müsse hauptsächlich viel sein, dabei herrsche ein totales Überangebot für die Kinder. Wenn de la Vega ihre Klienten zum ersten Mal besucht, ist meist das Erste, was sie ihnen rät, zu entrümpeln. Und zwar mit der Frage: Brauche ich es? Oder liebe ich es? Wenn beides nicht zutreffe: „Weg damit!“

Auf dem Tisch vor der Feng Shui-Beraterin liegen Fotos eines von ihr eingerichteten Zimmers: sehr aufgeräumt und sehr weiß. Die Möbel stehen an den Wänden, die Spielzeuge sind in Kisten gestapelt, auf dem Nachttisch stehen frische Blumen. Die Traumvorstellung eines jeden Erwachsenen vom Zimmer seiner Kinder. Doch das täuscht: Wenn de la Vega erstmal die generellen No Gos des Feng Shui beseitigt hat, bespricht sie das weitere Vorgehen mit den Kindern.

Dabei komme meistens heraus, dass die Eltern das Zimmer eingerichtet haben und die Kinder weder an den vielen Postern hängen, noch dem Lillifee-Wahnsinn verfallen sind. Bei dem zweiten Besuch seien die meisten dann schon Feuer und Flamme, das Zimmer nach eigenem Geschmack umzustellen und umzufärben.

De la Vega hat den Eindruck, dass die Hälfte ihrer Kunden kommt, weil sie glaubt, dass Feng Shui für ihre Kinder gut ist. Die andere Hälfte komme aufgrund von Verhaltensauffälligkeiten ihrer Kinder zu ihr. „Sie schlafen nicht gut, können sich nicht konzentrieren, sind die ganze Zeit müde oder wollen nicht in ihrem Zimmer spielen.“

Die fünf Elemente im Feng Shui stehen für Eigenschaften des Menschen – ein Gleichgewicht der Elemente im Raum soll sich darum positiv auf ihn auswirken. Wenn ein Kind bestimmte Schwierigkeiten hat, wird geguckt, wie man sie durch die Umgestaltung des entsprechenden Elementes aufheben kann.

„Gerade Kinder sind sehr empfänglich für Feng Shui“, sagt de la Vega. Viele seien sofort entspannter. Eine Umgestaltung des Kinderzimmers ist meist nach zwei Terminen abgeschlossen, grundsätzliche Regeln kann aber auch jeder selbst umsetzen: Zum Beispiel ist es wichtig, den Schreibtisch so zu stellen, dass das Kind in den Raum hineinschaut, damit die Konzentration nicht aus dem Fenster hinausgeht. Gleichzeitig darf die Tür nicht im Rücken sein – von ihr geht eine unterbewusste Gefahr aus, die das Kind beim Lernen behindert.

Möchte man gezielt auf bestimmte Eigenschaften des Kindes Einfluss nehmen, bedarf es jedoch einer Feng Shui-Beraterin, meint de la Vega. Jetzt packt sie aber erstmal ihre Kartons aus.

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