Römische Immobilie am Kranhaken

In Bonn wird eine zweitausend Jahre alte Badeanlage ausgebuddelt und 50 Meter weiter in das neue Kongresszentrum versetzt. Das Gebäude wird mit Mörtel zusammengehalten, damit es komplett erhalten bleibt. 2008 ist die Therme im früheren Bonner Regierungsviertel zu besichtigen

2.000 Jahre hat die römische Immobilie an ihrem Platz gestanden, nun wird sie per Kran versetzt. Die ungewöhnlichen Arbeiten haben in dieser Woche in Bonn begonnen. Die römische Badeanlage, die Archäologen im Januar des vergangenen Jahres im früheren Bonner Regierungsviertel entdeckten, soll zum Blickfang im Wellnessbereich des geplanten Bonner Kongresszentrums werden. Dazu muss die aus drei Bädern und Nebenräumen bestehende Therme um 56 Meter versetzt werden. „Die Umsetzung von Häusern ist ja an sich nichts Ungewöhnliches,“ sagt Jörg Frobel von der Firma Bennert, die für die „Dislozierung“ des 19 Meter mal 9,5 Meter großen Kernbereichs der Anlage verantwortlich ist. Für ihn und die Firma sei es allerdings das erste römische Bad.

Ähnlich äußert sich Jürgen Kanow vom Rheinischen Amt für Bodendenkmalpflege: „Ich weiß nicht, wo es so etwas in Deutschland je gegeben hat“. Gut zwei Monate hat die Firma für die Vorbereitungen der Umsetzung benötigt. Durch einen Abbau Stein für Stein und Wiederaufbau der Anlage an der neuen Stelle wäre nach den Worten Frobels viel von der Authentizität verloren gegangen.

Bevor jedoch die 650 Tonnen schwere Anlage an den Kranhaken genommen werden konnte, musste die Stabilität verbessert werden. Die Ingenieure schoben wie ein Kuchenblech eine Stahlkonstruktion unter das Fundament der römischen Anlage. Zur Erhöhung der Tragfähigkeit wurde Mörtel injiziert. Dann wurde das Gebäude mit einer Spezialsäge in vier Segmente zerlegt.

Bauteil 1, der Fundamentaufbau des unbeheizten Baderaumes (Frigidarium), war am Dienstag bereits auf seinen künftigen Standplatz gehievt worden. Das mit 125 Tonnen größte und schwerste Element, das ehemalige Warmwasserbad (Tepidarium) sollte ebenfalls angehoben und eingeschwenkt werden. Doch als der Kran anzog, entdeckten die Spezialisten einen Hohlraum im Boden. Kurzerhand wurde das Tragegestell abgebaut und am weit kleineren Heißwasserbad (Caldarium) montiert. Dann zog der Spezialkran erneut an, hob römisches Gemäuer samt Unterbau in die Höhe, schwenkte es fast um 180 Grad und setzte es passgenau und butterweich auf das neue Fundament. Bis zum Ende der Woche sollen auch die übrigen Teile folgen.

Während der Rohbau des Kongresszentrums errichtet wird, bleibt das Bad geschützt. Im Jahr 2008 folgen Reinigungs-, Konservierungs- und Restaurierungsmaßnahmen sowie Präsentations- und Gestaltungsarbeiten. Zur Eröffnung des Zentrums soll die Therme auch museumspädagogisch aufbereitet sein. Wer nicht im Wellnessbereich weilt, soll auch von außen einen guten Blick auf den Beweis werfen können, dass an dieser Stelle vor 2.000 Jahre urbanes römischen Leben pulsierte. DPA