Die Dreckschleudern will kaum jemand

BERLIN taz ■ Dass am Dienstag zwanzig Greenpeace-Aktivisten vor dem Wirtschaftsministerium gegen den Neubau von Braunkohlekraftwerken demonstriert haben, überrascht kaum. Eher, dass der Protest gegen neue CO2-Schleudern auch in der Kommunalpolitik angekommen ist. Etwa im nordrhein-westfälischen Krefeld: Dort hat sich der Stadtrat geweigert, dem Betreiber Trianel die Erlaubnis für ein neues Steinkohlekraftwerk zu geben. Anfang des Monats lehnte der Hauptausschuss der Stadt den Bau der geplanten 800-Megawatt-Anlage ab, an dem sich auch die Krefelder Stadtwerke beteiligen wollten. Alle Fraktionen mit Ausnahme der FDP stimmten gegen das Kraftwerk. „Ein Kohlekraftwerk, das mehr als vier Millionen Tonnen Kohlendioxid in die Luft bläst, wollen wir nicht in unserer Stadt haben“, sagte Ulrich Hahnen, Vorsitzender der SPD-Fraktion, über die Entscheidung.

Diese Haltung teilen freilich nicht alle Kommunen. Der Rat der Stadt Hamm hat Anfang dieser Woche beschlossen, sich als Alternativ-Standort anzubieten und „politische Sicherheit“ versprochen, sagte Christian Strasen, Sprecher der Stadt Hamm. Auch weiter südlich streiten sich die Kommunen um die schmutzigen Stromerzeuger. Die kommunale Kraftwerke Mainz-Wiesbaden AG plant den Bau eines Steinkohlekraftwerks auf den Mainzer Rheinauen. Das Kraftwerk mit einer Leistung von 820 Megawatt soll ab 2012 mehr als fünf Milliarden Kilowattstunden Strom pro Jahr erzeugen. Dagegen haben sich bereits mehrere Gebietskörperschaften etwa in Hessen sowie die Grünen in den Stadtparlamenten von Mainz und Wiesbaden, aber auch in den Bundesländern Hessen und Rheinland-Pfalz ausgesprochen. Eine Bürgerinitiative namens „Kohle-freies Mainz“ ruft zum Widerstand gegen den Kraftwerksneubau auf. Denn der Stromerzeugungsgigant wird in Zukunft bis zu 4,2 Milliarden Tonnen Kohlendioxid in den Himmel über dem Rhein-Main-Gebiet blasen.

Auf Proteste vor Ort setzt auch der Bund für Umwelt und Naturschutz, der seine Regionalgruppen über alle geplanten Vorhaben informiert. „Solange auf Bundesebene nichts passiert, müssen wir jedes einzelne Kraftwerk verhindern“, sagt BUND-Energieexperte Thorben Becker. Einen ersten Etappensieg konnten Kohle-Gegner in Berlin erzielen: Dort hat Vattenfall ein geplantes Steinkohlekraftwerk vorerst auf Eis gelegt. Man sei noch „in einer sehr frühen Phase der Planung“, begründet eine Konzernsprecherin. „Wir prüfen ergebnisoffen verschiedene technische Varianten.“ Eigentlich wollte der Stromkonzern vor einer Woche die Pläne für eine eine Milliarde Euro teure Anlage vorstellen, die 2012 in Betrieb gehen sollte. Doch Vattenfall sagte die Pressekonferenz überraschend ab. Angeführt von den Grünen, hatte sich zuletzt ein All-Parteien-Bündnis im Landesparlament gegen den Kraftwerksbau ausgesprochen. Der Energieexperte der Grünen, Michael Schäfer, begrüßt die „Denkpause“ Vattenfalls. „Der politische Druck wirkt.“ MOE, KPK, US, MK