Philosophieprofessor Ahmed Kerroumi tot aufgefunden

ALGERIEN Bekannter Oppositioneller verschwindet fünf Tage und wird tot in Parteibüro gefunden

MADRID taz | Die algerische Demokratiebewegung ist geschockt. Eines ihrer bekannten Mitglieder, Philosophieprofessor Ahmed Kerroumi, wurde am Samstag im Büro der Oppositionspartei Demokratisch-Soziale Bewegung (MDS) in Oran tot aufgefunden. Fünf Tage zuvor war der 53-Jährige unter ungeklärten Umständen spurlos verschwunden. Kerroumi war leitendes Mitglied der Nationalen Koordination für den demokratischen Wechsel (CNCD), die seit Monaten in Algerien zu Demonstrationen gegen das Regime von Präsident Bouteflika ruft.

Die Leiche von Kerroumi wurde von einem Parteimitglied entdeckt. Der Eingang des Büros war nicht gewaltsam geöffnet worden. „Es war kein Leichengeruch vorhanden“, erklärte das MDS-Mitglied. Angehörige und Freunde ziehen daraus den Schluss, dass Kerroumi noch nicht lange tot war. Kerroumi war für seine Gewerkschaftsarbeit bekannt. Die politische Laufbahn des Sohns eines Imams begann Anfang der 80er Jahre in der kommunistischen Partei PAGS. Kerroumi war ein brillanter Redner, der sich nicht des Französischen, sondern des Arabischen bediente. Seine hervorragenden Kenntnisse des Koran ließen ihn zu einem wichtigen Kritiker des Islamismus werden.

Nur Tage vor seinem Verschwinden hatte sich Kerroumi mit dem UN-Menschenrechtsberichterstatter Frank La Rue getroffen. Die Polizei hatte nur schleppend ermittelt. Kollegen berichten, Kerroumi habe am Tag seines Verschwindens einen Anruf auf der Arbeit bekommen habe. Er sei losgefahren, um jemanden abzuholen. Seither wurde er nicht mehr gesehen. Bis Donnerstag funktionierte sein Handy, wurde aber nicht abgenommen. REINER WANDLER