Militär macht Jagd auf Linke in Manila

Sechs Wochen vor den Parlamentswahlen auf den Philippinen werden unliebsame Parteien und deren Anhänger vom Regime massiv unter Druck gesetzt. Heute prüft das Oberste Gericht die Eingabe eines Mitte des Monats verhafteten Exkommunisten

AUS MANILA HILJA MÜLLER

Wie weit es mit dem Recht auf den Philippinen her ist, wird sich heute zeigen. Dann entscheidet der Oberste Gerichtshof über eine Petition des Chefs der linken Bayan-Muna-Partei, Satur Ocampo. Der 67-jährige Exkommunist, der zwölf Jahre wegen seiner politischen Überzeugung im Knast saß, war am 16. März unter dem Vorwurf verhaftet worden, 1985 Exekutionen an Parteispionen auf der Insel Leyte angeordnet und in einem Fall persönlich überwacht zu haben. Das Militär präsentierte zeitgerecht fünfzehn Leichen aus einem angeblich gerade entdeckten Massengrab.

Zur Tatzeit saß Ocampo allerdings als Gegner des Marcos-Regimes in Manila in Haft. Zudem, so sein Parteifreund Teodoro Casiño, müssten „die Skelette gewandert sein, denn Satur war 2001 ergebnislos in der gleichen Sache angeklagt. Jedoch waren die Leichen damals an einem anderen Ort ausgegraben worden.“

In der Nacht nach seiner Verhaftung am 16. März war Ocampo zudem unter Anwendung von Gewalt in ein Flugzeug mit dem Ziel Leyte gesteckt worden. Dort wollte ihn der Richter nicht sehen, und so kehrte die Maschine zurück nach Manila. „Mit dieser Nacht-und-Nebel-Aktion hat sich die Regierung endgültig diskreditiert. Das hat mit einem Rechtsstaat nichts mehr zu tun“, meint Casiño.

Mehr als fragwürdig sind auch Aktionen, mit denen linke Politiker und deren Anhänger vor allem in der Hauptstadt Manila vor den Parlaments- und Senatswahlen am 14. Mai eingeschüchtert werden. Erneut spielt das Militär dabei eine Schlüsselrolle.

Unter dem Vorwand, soziale Projekte zu unterstützen, haben sich rund 300 Soldaten in den Slums der Millionenstadt eingenistet. Augenzeugenberichten zufolge sind sie in voller Uniform ständig präsent und fahnden nach Anhängern unliebsamer Parteien wie der laut Umfragen führenden Bayan Muna oder der Frauengruppe Gabriela.

„Unsere Leute werden systematisch abgeschreckt, in ihrer Gemeinde Wahlkampf zu machen. Bewaffnete Soldaten fordern lokale Parteiführer auf, Listen mit den Namen aller Mitglieder zu übergeben. Was hat das mit sozialen Projekten zu tun?“, regt sich Casiño auf, der Bayan Muna im Kongress vertritt.

Ein heimlich gefilmtes Video, das das massive Auftreten der Soldaten dokumentiert, liegt der obersten Wahlbehörde des Landes seit über einer Woche vor. Sie könnte das Militär zurückpfeifen, behauptet aber, derzeit überlastet zu sein.

Anders die katholische Kirche, ansonsten nicht gerade ein Freund der Linken auf den Philippinen. Mit deutlichen Worten kritisierte Bischoff Broderick Pabillo am Montag im Philippine Inquirer das Auftreten der Soldaten in den Armenvierteln der Hauptstadt. „Die Militarisierung dieser Gebiete macht den Leuten das Leben noch schwerer. Ich kenne nicht die tiefer liegenden Motive, aber es gibt eine geheime Agenda, und Unterdrückung scheint Teil davon zu sein.“

Anfang März hatte sich Präsidentin Gloria Macapagal Arroyo international scharfe Kritik anhören müssen. Ein Report hatte kaum geahndete Menschenrechtsverletzungen und mehr als 800 Morde vor allem an linken Aktivisten und Journalisten seit dem Amtsantritt Arroyos 2001 dokumentiert und die Hintermänner in vielen Fällen in den Reihen des Militärs gesucht. Bislang scheint der Lerneffekt gleich null zu sein.