Bahn der Zukunft: Selten, schnell, privat

Neue Anbieter werden den Nahverkehr in NRW verändern. Pro Bahn kritisiert die Ausdünnung des Fernverkehrs

Können neue Anbieter den Nahverkehr in Nordrhein-Westfalen retten? Seit gestern gibt es mit dem Mainzer Verkehrsunternehmen Rhenus Keolis einen neuen Großbetreiber im NRW-Schienennetz. Ab Dezember 2009 wird das Unternehmen die Strecken im Maas-Rhein-Lippe-Netz der Deutschen Bahn betreiben. Konkurrenz belebe das Geschäft, sagt Sabine Tkatzik, Sprecherin vom VRR. „Das gilt für alle. Auch für die Deutsche Bahn.“

Seit 1996 schreibt der Verkehrsverbund Streckennetze aus. Fünf private Anbieter fahren mittlerweile auf den Randstrecken zwischen Rhein und Ruhr, darunter Unternehmen wie die Nordwestbahn oder die Prignitzer Eisenbahn. Und der aktuelle Qualitätsbericht des VRR zeigt: Die Privaten schneiden deutlich besser ab als die staatliche Konkurrenz. „Da wird sich die Deutsche Bahn demnächst schon anstrengen müssen“, erklärt Tkatzik.

Für Lothar Ebbers, stellvertretender Vorsitzender des Fahrgastverbandes Pro Bahn NRW, geht diese Rechnung nur auf, wenn das Schienennetz auch künftig in öffentlicher Hand verbleibt. Sollte es beim geplanten Börsengang der Deutschen Bahn auch privatisiert werden, nütze der Wettbewerb unter den Zuganbietern wenig. „Dann entstehen absurde Situationen. Zum Beispiel wurde die für ihre Pünktlichkeit bekannte Prignitzer Bahn von einem roten Signal ausgebremst, um einen Zug der Deutschen Bahn vorzulassen“, so Ebbers.

Für einen echten Wettbewerb müsste laut Pro Bahn eine gezieltere Bahnpolitik betrieben werden. „Die monopolistische Infrastruktur muss aufgebrochen werden“, sagt Ebbers. Zum Beispiel durch die Regionalisierung des Streckennetzes ohne Fernverkehr. Für dessen Bewirtschaftung wären dann die Länder zuständig.

Doch nicht nur im Nahverkehr sieht Ebbers künftig Probleme. „Die Deutsche Bahn betreibt seit Jahren eine Nischenpolitik. Erst schaffte sie den Interregio ab, dann dünnte sie den Fernverkehr aus. Künftig werden wahrscheinlich nur noch Hochgeschwindigkeitsstrecken bedient.“ So hält in mittelgroßen Städten wie Mönchengladbach, Krefeld oder Siegen kein einziger Fernverkehrszug mehr. In zehn Jahren, so glaubt Lothar Ebbers, sei auch der Intercity in Deutschland verschwunden.

Dass auch im Nahverkehr ganze Strecken still gelegt werden, glaubt VRR-Sprecherin Sabine Tkatzik allerdings nicht: „Davon ist nicht auszugehen.“ Der Trend gehe dahin, größere Pakete zu schnüren. So will der Verkehrsverbund künftig umfangreichere Streckennetze ausschreiben. „Wichtig für uns ist, die notwendigen Qualitätsstandards vertraglich zu fixieren und die Leistungen für den Kunden erheblich zu verbessern.“

STEPHANIE KASSING