PETER PHILIPP ZUR NEUEN IRAKISCHEN REGIERUNG
: Neues Vertrauen gefordert

Länger hätte Haider al-Abadi nicht warten dürfen: Als der gemäßigte Schiit im August den Auftrag annahm, den unbeliebten irakischen Premierminister Nuri al-Maliki zu beerben, hatte er 30 Tage Zeit, eine neue Regierung zu bilden. Zwei Tage vor Ablauf der Frist stimmte das irakische Parlament am Montag dem neu gebildeten Kabinett zu, mit dem der Neubeginn gewagt wird.

Hauptaufgabe der neuen Regierung muss die Aussöhnung zwischen Schiiten, Sunniten und Kurden sein. Wie schwierig das sein wird, kann man erahnen: Die Kurden sind nur zu einer dreimonatigen Probephase bereit, in der die Regierung mit ihnen ausstehende territoriale, wirtschaftliche und militärische Regelungen treffen muss. Und viele sunnitische Abgeordnete waren erst gar nicht zur Parlamentssitzung erschienen. Grund mag die Sicherheitslage sein, mehr aber das generelle Misstrauen dieser Minderheit, die bis zu Saddam Husseins Sturz an der Macht war: Die schiitischen Regierungen seitdem hatten die Sunniten immer weiter marginalisiert und unterdrückt. Der Wechsel von Maliki zu Abadi allein wird nicht reichen, um das verlorene Vertrauen zurückzugewinnen.

Das aber ist dringend nötig. Denn die neue Regierung braucht nicht nur die Hilfe der amerikanischen Luftwaffe und der kurdischen Peschmerga, um den „Islamischen Staat“ (IS) zu bekämpfen. Sie braucht auch die Unterstützung der Sunniten: 2007 hatten die wichtigsten sunnitischen Stämme sogar mit den Amerikanern zusammengearbeitet – gegen „al Qaida im Irak“. Inzwischen ist der Frust jedoch derart gewachsen, dass sie in die offenen Arme des IS rannten. Abadi muss ihnen den Weg zurück ermöglichen, wenn er die innerirakischen Fronten nicht noch weiter verhärten will. Gelingt das nicht, dürfte auch die „Probezeit“ der Kurden schnell zu Ende sein.

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