Jenseits der Exotik

KOLONIALES ERBE Das Verhältnis von Europa und Afrika beleuchtet die Film- und Veranstaltungsreihe „Afrika vis-à-vis“ im Hamburger Metropolis-Kino

Der Blick von Europa aus, also unser Blick auf Afrika verändert sich nur langsam. Was auch daran liegt, dass es so wenig Gegenentwürfe von dort gibt. Auch heute noch werden viel mehr Filme über Afrika gedreht als von Afrikanern, denn das Kino bleibt trotz der Digitalisierung teuer. Zwar gibt es beispielsweise in Nigeria eine fruchtbare Filmkultur, aber dort werden fast ausschließlich Videos für den heimischen Markt produziert, die den populären Fernsehserien in den Industrieländern entsprechen und keine Chance außerhalb des Kontinents haben.

Es sagt auch einiges aus, wenn nun bei „Afrika vis-à-vis“ kein einziger Film läuft, der nicht von Europäern gedreht und produziert wurde. Ein Symptom eines Problems, das die Hamburger Reihe nicht nur anhand von Filmen, sondern auch durch Diskussionen und Publikumsgespräche mit den Filmemachern und Beteiligten analysieren möchte.

Diskutiert wird so schon am heutigen Donnerstagabend über „den Umgang mit Sammlungsobjekten aus der Kolonialzeit in deutschen Völkerkundemuseen“, auf dem Podium sitzt dann unter anderem der Direktor des örtlichen Völkerkundemuseums, Wulf Köpke, sowie der Kolonialhistoriker Jürgen Zimmerer. Vorher läuft heute um 19 Uhr „Tod und Teufel“, die Beschäftigung des Dokumentarfilmers Peter Nestler mit der Geschichte seines antisemitischen Großvaters. Der war befreundet mit Hermann Göring und nahm als Ethnologe unter anderem an Expeditionen in Afrika teil. Diese Reise rekonstruiert sein Enkel anhand von privaten Filmaufnahmen, Berichten und Fotos.

Der Belgier Manuel Poutte erzählt in seinem Spielfilm „Distant Tremors“ (Fr, 21.15 Uhr; 25. 9., 19 Uhr) anhand konkreter Menschen vom schwierigen Verhältnis zwischen Afrikanern und Europäern: Er handelt von einer französischen Arzttochter, die im Senegal aufgewachsen ist. Erst als sie einen Mann trifft, der unbedingt weg will, in Europa leben, wird ihr klar, dass sie die grundlegenden Probleme des Landes gar nicht kennt.

Dienstag, 19 Uhr, zeigt das Metropolis nochmals „Majubs Reise“, in dem die Hamburger Dokumentarfilmerin Eva Knopf dem ehemaligen deutschen Kolonial-Soldaten Mohamed Husen nachspürt, der 1929 nach Deutschland ging und es bis zum Kleindarsteller brachte – im NS-Film.

Poetischen Blick lobte die Kritik an „Down to Earth“ (Mittwoch + 20. 9., jeweils 19 Uhr): In dem Spielfilm begleitet eine Krankenschwester einen komatösen Migranten von Lissabon auf die Kapverdischen Inseln. Regisseur Pedro Costas verurteile nicht und vermeide den typisch europäischen Blick auf die Exotik.  HIP

Die Reihe läuft bis zum 14. Oktober. Programm und weitere Infos unter https://metropoliskino.de/