: Nicht allein im Heim
Die Landesregierung plant ein neues Heimgesetz: Alten- und Pflegeheime sollen nur noch unangemeldet kontrolliert werden. Experte: Deswegen darf nicht weniger geprüft werden
VON DIRK ECKERT
Die Alten- und Pflegeheime in Nordrhein-Westfalen müssen sich darauf gefasst machen, bald grundsätzlich nur noch ohne Voranmeldung kontrolliert zu werden. Das kündigte NRW-Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) gestern in Düsseldorf bei der Vorstellung der Eckpunkte für ein neues Landesheimgesetz an: „Die Zeiten, in denen Kontrollen vorher angemeldet wurden, gehen dem Ende entgegen.“
Laut dem derzeit geltenden Bundesheimgesetz können Kontrollen „jederzeit angemeldet oder unangemeldet erfolgen“. Seit die Föderalismusreform in Kraft ist, dürfen die Länder aber eigene Heimgesetze beschließen. Die NRW-Landesregierung hat vergangene Woche Eckpunkte dafür verabschiedet. Das neue Gesetz soll Laumann zufolge „weniger Bürokratie, aber mehr Flexibilität, Praxisnähe und Effizienz“ bringen. Ältere Menschen würden sich immer mehr für unkonventionelle Wohnformen wie Seniorenwohngemeinschaften interessieren, sagte Laumann. „Dem wollen wir nicht entgegenstehen.“ Deshalb bräuchten „innovative Wohnformen“ mehr Rechtssicherheit.
Heimkontrollen sollten künftig nicht nur unangemeldet erfolgen, sondern auch vereinheitlicht und dadurch effizienter werden, so Laumann: „Wenn man unangemeldet kontrolliert, kann man auch etwas weniger häufig kontrollieren.“ Die Landesregierung werde nun das Gespräch mit Betroffenen und Trägern suchen. Im Jahr 2008 solle das Gesetz dann verabschiedet werden, so dass es zum 1. Januar 2009 in Kraft treten kann.
Experten und Landtagsopposition begrüßten die Initiative der Landesregierung für ein eigenes NRW-Heimgesetz. Für „bedenklich“ hält Klaus Schmitz vom Institut für Gerontologie an der Universität Dortmund allerdings, dass die Pflegequalität nur noch „im Fall der Gefahrenabwehr“ geprüft werden soll, wie es in Eckpunkt 12 heißt. „Entbürokratisierung darf nicht zum Abbau der Pflegequalität führen“, warnte er. Bisher sei eine Prüfung pro Jahr und Heim gesetzlich vorgeschrieben, aber das werde in der Praxis nicht eingehalten. Manchmal würden sogar zwei bis drei Jahre zwischen den Prüfungen liegen. „Es wird nicht zu viel, sondern zu wenig geprüft“, sagte Schmitz.
Die Grünen nannten die Eckpunkte „im Ansatz richtig, aber zu kurz gegriffen“. Für die SPD begrüßte der sozialpolitische Sprecher der Landtagsfraktion, Norbert Killewald, die Reform: „Der Weg der Entbürokratisierung ist richtig.“ Er warnte jedoch, dass die Zahl der Auszubildenden in der Altenpflegehilfe rückläufig sei, aber künftig mehr Pflegekräfte gebraucht würden. Das Land müsse finanziell helfen.
Laumann rechnet mit einer Zunahme der Pflegebedürftigen in den nächsten Jahren. Waren 2003 rund 460.000 Menschen in NRW auf Pflege angewiesen, so sei im Jahr 2010 mit rund 530.000, in 2020 mit über 650.000 Pflegebedürftigen zu rechnen, sagte er.
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