„Alle schmeißen in einen Topf“

Die fünf norddeutschen Bundesländer wollen beim Tourismusmarketing für ausländische Besucher stärker an einem Strang ziehen. Nord- und Ostsee sind dafür die stärksten Zugpferde, sagt der Tourismusforscher Rainer Hartmann

RAINER HARTMANN, 41, lehrt an der Hochschule Bremen Tourismusmanagement im Studiengang Angewandte Freizeitwissenschaft.

taz: Herr Hartmann, mit welcher Idee kann sich Norddeutschland gemeinsam vermarkten?

Rainer Hartmann: Das ist relativ klar: mit der Küste. Nord- und Ostsee sind die stärksten Marken, die Norddeutschland hat und mit denen es auch heute schon am meisten wirbt.

Fällt dann nicht einiges unter den Tisch, beispielsweise der Harz?

Es gibt natürlich noch andere Marken wie das Weserbergland oder den Harz. Aber die Küste ist nach wie vor das stärkste Argument für Urlaub in Norddeutschland.

Und wie profitieren dann die kleineren touristischen Ziele von einem gemeinsamen Marketing?

Der Vermarktungshorizont ist einfach größer. Der Harz und das Weserbergland können durch die norddeutsche Kooperation Zielmärkte erreichen, die weiter weg sind. Das ist vergleichbar mit europäischen Staaten, die gemeinsam in China für sich werben. Norddeutschland würde sich sicherlich nicht zusammenschließen, um Touristen aus Nordrhein-Westfalen anzulocken. Der zweite Hauptvorteil einer solchen Kooperation ist die Mittelbündelung: Alle schmeißen in einen gemeinsamen Topf.

Gestern trafen sich in Bremen die norddeutschen Länder zum zweiten „Tourismusgipfel Nord“. Dort wurde beschlossen, künftig an einem Strang zu ziehen. Sind in den Jahren davor Chance vertan worden?

Das ist schwer zu sagen, denn die Werbung für ganze Reiseregionen – das so genannte Destinationsmarketing – ist noch jung. Das Tourismusmarketing gibt es überhaupt erst, seit in den 70er Jahren der Massentourismus aufkam. Die Idee, dass Regionen sich als Tourismus-Marke zusammenschließen, kam dann erst in den vergangenen Jahren auf.

Fernreisen per Flugzeug geraten in Deutschland immer stärker in Verruf. Werden dadurch auch mehr Deutsche im Norden Urlaub machen?

Erst einmal nicht. Effekte wird es nur geben, wenn das Fliegen tatsächlich verteuert wird – oder wenn es durch den Klimawandel an der Nordsee so warm wird wie heute auf den Kanaren.

Interview: KARIN CHRISTMANN