Offenbarung in der Schule

REINGUCKEN Der 22. Tag des offenen Denkmals widmet sich dem Thema Farbe, das in Bremen zu überraschenden Einsichten und Entdeckungen führen kann

■ „Die Farbe Grün“ am linken Lesumufer wird am Sonntag auf einer Radtour zwischen 14 und 16.30 Uhr in den Fokus genommen. Anmeldungen unter ☎ 0421/639 77 30.

■ Für die Besichtigung der Baumwollbörse müssen kostenlose Eintrittskarten erworben werden. Sie sind heute zwischen 14 und 17 Uhr an der Rezeption erhältlich.

■ Das Bremer Programm einschließlich interaktiver Karte findet sich auf www.denkmalpflege-bremen.de, eine Gesamtübersicht bietet www.tag-des-offenen-denkmals.de.

Manchmal sorgen die Mottos der deutschen Stiftung Denkmalschutz für Kopfzerbrechen, weil sie zu eng sind. Aber Farbe, am 14. 9. Thema für den „Tag des offenen Denkmals“, ist ein sehr weites Feld: Wahrscheinlich hat dem Team von Landeskonservator Georg Skalecki diesmal die meiste Mühe bereitet, im auf 60 Schauplätze angewachsenen Programm Beliebigkeit zu vermeiden.

Ein Ausreißer ist da, dass man in Bremen Nord außer der Wahrnehmung und der Pigmentierung auch noch Anstriche unter den Begriff fallen lässt: Zwar verdient ein denkmalgerechter Korrosionsschutz am Schulschiff Deutschland jede ehrenvolle Präsentation, aber gerade dessen Farbe hat keine Bedeutung.

Und Farbe schafft Bedeutung, dient als Signal, worauf bei thematischen Führungen im Bremerhavener Schifffahrtsmuseum näher eingegangen wird. Farbe schafft Zugehörigkeiten, kennzeichnet Funktionen oder aber Haftgründe in Gefangenenlagern wie in Sandbostel bei Bremervörde: Die niedersächsischen Gedenkstätten sind der vielschichtigen Bedeutung von Farben unter Bedingungen des Terrors sehr konsequent nachgegangen.

Bekannter ist deren Sinnhaftigkeit im sakralen Kontext – in den liturgischen Farben und in Sakralbauten, zumal der Gotik: Die farbigen Fenster der Kathedralen sollen dafür sorgen, dass „der ganze Raum sich durch das wunderbare ununterbrochene Licht in vollem Glanze zeigt“, wie Abt Suger in De Consecratione (1140) schreibt. Die Farbe wird zum Körper des Lichts. Und das ist natürlich Gott.

„Da haben wir leider kein historisches Original“, so Skalecki, aber immerhin würden die Fenster von Alfred Manessier in Unser Lieben Frauen den Gedanken neu fassen. Die größten Entdeckungen gibt’s indes anderswo: Etwa in der Oberschule an der Helgolander Straße in Walle: Im Inneren des Klinkerbaus im Heimatschutzstil explodiert fast gänzlich unbekannt ein Raum farbig vor sich hin, seit ihn 1923 der Maler Christian Arnold in der Manier des abstrakten Expressionismus ausgemalt hat – eine Offenbarung.

Eine andere Anekdote birgt der Kaisersaal im Postamt Domsheide. Dort ließen Restauratoren durch bewusst falsche Farbwahl klandestine Botschaften in die Wiederherstellung der Deckengemälde in den 1970er-Jahren einfließen. Auf die kleine Fälschung hingewiesen hat die amtlichen Konservatoren erst ein Besucher mit heraldischem Wissen. Der hatte sie bemerkt – an einem Tag des offenen Denkmals.  BES