Hamburger sind weniger krank

Die DAK stellt ihren Gesundheitsreport vor. 2006 waren nur sechs von zehn BürgerInnen krank gemeldet. Wissenschaftler vermuten als Ursache unter anderem die Angst vor Arbeitslosigkeit

von MARTIN SPIESS

Sechs von zehn HamburgerInnen waren im letzten Jahr gar nicht krank. Das geht aus dem jährlichen Gesundheitsreport hervor, den die Deutsche Angestellten Krankenkasse (DAK) gestern für Hamburg vorgelegt hat.

Die Zahl der Fälle von Arbeitsunfähigkeit nahm zwar im Vergleich zum Vorjahr von 90,5 auf 91,8 Prozent zu, dafür sank die durchschnittliche Erkrankungsdauer von 11,8 auf 11,1 Tage. Der Krankenstand von 2,8 Prozent liegt nicht nur unter dem Bundesdurchschnitt von 3,0 Prozent, sondern ist auch der niedrigste Stand seit zehn Jahren.

Siegfried Geyer, Leiter der Medizinischen Soziologie an der Medizinischen Hochschule Hannover, erklärt diesen Rückgang mit der Angst vor der Arbeitslosigkeit. Bei Angestellten, die häufig erkrankt seien, würden selektive Entlassungen vorgenommen. Ein weiterer Faktor sei, dass sich die durchschnittliche Qualifikation der Angestellten verbessert habe. „Je höher die hierarchische Position, desto geringer der Krankenstand“, sagte Geyer der taz. Auch habe sich durch immer mehr Frühberentungen das durchschnittliche Beschäftigtenalter verringert. „Mit dem Alter nimmt das Krankheitsrisiko zu“, sagte Geyer. „Junge Menschen sind einfach weniger krank.“

In Betrieben mit gutem Arbeitsklima sei der Krankenstand niedrig, in Betrieben mit hoher Belastung und Stress hingegen hoch, sagt Geyer. Angesichts der aktuell schlechten wirtschaftlichen Lage jedoch müssten Menschen auch in Betrieben arbeiten, in denen sie Stress ausgesetzt sind und schlechtes Betriebsklima herrscht. „Das heißt auch, krank zur Arbeit zu gehen“, sagte Geyer.

Die Zahlen für Arbeitsunfähigkeitstage durch psychische Erkrankungen haben sich laut dem Bericht der DAK von 1,7 Tagen pro Versichertem im Jahr 2005 auf 1,45 im Jahr 2006 verringert. DAK-Geschäftsführer Escher nannte das eine „erfreuliche Trendwende“. Medizinsoziologe Geyer sieht dagegen eher die Stigmatisierung psychischer Erkrankungen als Ursache. „Psychische Erkrankungen werden immer mit Schwäche assoziiert“, sagte er. „Wenn jemand einen Herzinfarkt bekommt, heißt es: ‚Toll, der hat viel gearbeitet.‘“ Menschen mit psychischen Erkrankungen jedoch würden so lange wie möglich warten, bis sie einen Arzt aufsuchten.