Ausweitung der Kampfzone

ANSPRACHE US-Präsident Obama schwört die Amerikaner auf langen Militäreinsatz gegen Islamisten in Irak und auch in Syrien ein. Umfragemehrheit längst für Luftangriffe

„Wir werden IS schwächen und letztendlich zerstören“

BARACK OBAMA

VON RIEKE HAVERTZ

HOUSTON taz | Es ist ausgerechnet der Vorabend des 13. Jahrestages der 9/11-Terroranschläge, an dem Barack Obama in einer Fernsehansprache zur besten Sendezeit ein verstärktes Engagement im Irak und der gesamten Region angekündigt hat. Der US-Präsident stellte mehrere Maßnahmen vor, die die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) „schwächen und letztlich zerstören“ soll.

Noch Ende August war Obama für seine Äußerung, noch keinen Plan im Kampf gegen IS zu haben, stark kritisiert worden. Jetzt hat er angekündigt, dass die Luftangriffe, die die USA bis dato ausschließlich im Irak geflogen haben und die vor allem den Schutz von US-Bürgern galten, auf das Nachbarland Syrien ausgeweitet werden. „Ich werde nicht zögern, auch in Syrien Maßnahmen gegen IS zu ergreifen“, so Obama, der es ein Herzstück seiner Präsidentschaft nannte, dass sich Terroristen nirgendwo auf der Welt in Sicherheit wiegen könnten. Wann und in welcher Intensität Luftangriffe geflogen werden sollen, sagte Obama nicht. Er verwies nur auf die aus US-Sicht erfolgreichen Militäroperationen im Jemen und Somalia, die seit Jahren ausschließlich aus der Luft geführt werden.

Darüber hinaus werden die USA als Teil der neuen Strategie 475 weitere Soldaten in den Irak schicken, um die Streitkräfte zu beraten und auszubilden. Die Zahl der US-Soldaten im Irak steigt damit auf etwa 1.500. Des Weiteren, so Obama, werde sein Land die Geheimdienstbemühungen intensivieren, um mittelfristig die Finanzierung von IS zu unterbinden. Auch die humanitäre Hilfe der USA in der Region soll andauern.

Der US-Präsident machte deutlich, dass sein Land eine breite Koalition anführe, um die Bedrohung durch IS zu beenden. „Das ist amerikanische Führung in ihrer besten Form“, so Obama. Einen Zeitrahmen für die Missionen nannte er nicht. Er sprach vielmehr davon, „dass es Zeit braucht, ein Krebsgeschwür wie IS auszurotten“. Dafür will Obama nicht nur eine Koalition europäischer und arabischer Nationen anführen, sondern auch die neue irakische Regierung sowie die syrische Opposition vermehrt unterstützen.

Er machte aber auch deutlich, dass auch diese Form des militärischen Einschreitens Risiken beinhalte. Doch Amerika müsse den Willen haben, zu tun, was nötig sei, um das Land und seine Werte zu verteidigen. Der US-Präsident sprach in seiner Rede dabei nicht nur über die Gewalt und Massaker der IS gegen die Menschen im Irak und Syrien, sondern auch über die Hinrichtung der zwei amerikanischen Journalisten in den vergangenen Wochen.

Innenpolitisch kündigte er an, sich um die Unterstützung des Kongresses für seinen Plan zu bemühen. Als Oberbefehlshaber der amerikanischen Truppen braucht er diese für die geplanten Luftschläge aus Sicht seiner Regierungsberater zwar nicht, doch setzt Obama auf einen überparteilichen Konsens. Vor einem Jahr hatte Obama die Abgeordneten noch über ein mögliches Einschreiten in Syrien abstimmen lassen – und hatte keine Mehrheit erhalten.

Das nun angekündigte verstärkte Engagement der USA im Irak und der Region bedeutet für Obama auch eine Abkehr von seiner bisherigen Politik. Noch als demokratischer Präsidentschaftskandidat hatte er in seinem ersten Wahlkampf stets einen Abzug der Truppen aus Afghanistan und dem Irak angekündigt. Mit diesem Wandel steht der Präsident jedoch nicht allein da: In einer aktuellen Umfrage der Washington Post und des Senders ABC befürworten 71 Prozent der Befragten Luftschläge im Irak und 65 Prozent in Syrien. Mit Obamas außenpolitischer Strategie zeigte sich eine Mehrheit – vor seiner Rede am Mittwoch – unzufrieden.

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