DIE GEPLATZTEN FUSIONSPLÄNE SIND FÜR EON EIN GLÜCKSFALL
: Gescheiterter Größenwahn

Siegreiche Toreros bekommen nach einem eindrucksvollen Kampf ein Ohr des soeben erdolchten Stiers als Auszeichnung mit auf den Siegeszug durch die Arena. Mit einer ehrenvollen Trophäe wollte auch Eon-Chef Wulf Bernotat aus Spanien heimkehren – doch er unterlag auf spanischem Sand. Über ein Jahr lang kämpfte Bernotat um den spanischen Versorger Endesa, folgte seinem Geheimplan „Taurus“ und pumpte Millionen in die geplante Übernahme. Am Ende des Übernahmekampfes wollte der Eon-Chef den Anlegern in Spanien 42,3 Milliarden Euro für ihre Anteile zahlen, um damit den größten Strom- und Gasversorger der Welt führen zu können.

Größenwahn verträgt sich jedoch nicht mit unternehmerischen Strategien, wie etwa die Fusionswelle Ende der 90er-Jahre zeigt. Kaum eine der spektakulären Großfusionen hat nur annähernd gehalten, was Vorstände in sie projizierten. Zudem scheiterten gerade die Unternehmen, die über Landesgrenzen hinweg verschmolzen. Jüngstes Beispiel ist der DaimlerChrysler-Konzern, der nie zusammenpasste, aber passend gemacht werden sollte. Seine Tage sind gezählt. Insofern müsste Bernotat den nun siegreichen spanischen und italienischen Konkurrenten durchaus dankbar sein. Sie bewahren ihn vor einer Megafusion mit ungewissem Ausgang. Außerdem entschädigen sie ihn mit Anteilen an ihren Tochtergesellschaften in Spanien, Italien und Frankreich, wo Eon nun erstmals Zutritt zum Markt hat.

Das Beispiel Eon lehrt aber auch, dass Regierungen gegenüber den so lautstark auftretenden Stromkonzernen gar nicht so ohnmächtig sind. Spaniens Ministerpräsident Zapatero wollte die Deutschen nicht an der Spitze des größten spanischen Versorgers, weil diese das innenpolitische Gleichgewicht zwischen Madrid und der autonomen Provinz Katalonien zerstört hätten. Also suchte er Verbündete und verhinderte die Übernahme. Vielleicht haben Bernotat und andere deutsche Trophäenjäger das aus dem spanischen Abenteuer gelernt: Ein Ohr gewinnt der Torero auch nur mit einer Allianz in der Arena. ULRIKE FOKKEN