Die Sängerin, die alle Iraker eint

Als ihr Erfolg feststand, wickelte sich Shada Hassoun eine riesige, schwarz-weiß-rote Nationalfahne des Irak um ihren Körper und brach öffentlich in Tränen aus. In der jüngsten Staffel von „Star Academy Middle East“ – einer panarabischen TV-Casting-Show, vergleichbar mit „Deutschland sucht den Superstar“ – hatte sich die 26-jährige Sängerin im Finale gegen ihre drei letzten Konkurrenten durchsetzen können: zwei junge Sänger aus Ägypten und dem Libanon sowie eine Sängerin aus Tunesien.

Im Irak, wo die Entscheidung am Freitag kurz nach Mitternacht im Fernsehen lief, wurde ihr Sieg landesweit mit Jubel und Freudenschüssen in die Luft begrüßt. Ein Kurzschluss in Bagdad hatte es zwar verhindert, dass alle den Höhepunkt der Show miterleben konnten. Aber jene, die über einen Generator verfügten, trugen die Nachricht weiter. In den sicheren Kurdengebieten im Norden des Irak wurde der Wettbewerb sogar über Großbildleinwände im Freien verfolgt; hier kam es zu Autokorsos.

Dass Shada Hassoun – Tochter einer marokkanischen Mutter und eines irakischen Vaters – weit weg in Marokko aufwuchs und ihr „Heimatland“ nur vom Hörensagen kennt, tat der Freude keinen Abbruch. Im Gegenteil: Gerade weil sie im Ausland lebt, konnte sie von keiner Seite für sich vereinnahmt werden. So stieg sie im Laufe des TV-Gesangswettbewerbs zu einer Symbolfigur der überkonfessionellen Einheit des Irak auf. Der irakische Sender al-Scharkijah, der den Wettbewerb übertrug, sendete in den Werbepausen sogar einen staatlichen Reklamespot, der Gewalt zwischen Schiiten und Sunniten verurteilte, und die Moderatoren appellierten an die Zuschauer, für Shada Hassoun zu stimmen.

Produziert wurde die Sendung vom libanesischen Satellitensender LCB in Beirut. Seit ein Konkurrenzsender vor vier Jahren die erste Casting-Show dieser Art im arabischen Raum startete, haben solche Wettbewerbe von Marokko bis Saudi-Arabien regelrechte Massenhysterien ausgelöst, darf doch das Publikum per Handy für seine Favoriten votieren.

Shada Hassoun eroberte die Herzen ihrer Fans aber nicht nur mit ihrem Gesang. Sondern auch mit freimütigen Bekenntnissen – etwa über ihre Nase, die sie als zu dick empfand. Auf die Frage, ob sie sich nach ihrem Erfolg eine Reise nach Spanien oder eine Nasenoperation gönnen wolle, entschied sie sich für die Nasenoperation.

Islamisten ist so etwas normalerweise ein Graus. Al-Jazeera.net aber zitiert sogar einen islamistischen Politiker aus Nadschaf, der bekennt, er hege zwar Vorbehalte gegen Gesang. Doch Shada Hassoun habe das Land zweifellos „mit ihrer Stimme geeint“. DANIEL BAX