Neuer Streit über neue Kameras

Innensenator Udo Nagel (parteilos) und Hamburgs Datenschutzbeauftragter Hartmut Lubomierski sind über die Ausweitung der Videoüberwachung sehr geteilter Meinung

Von Elke Spanner

Auf das Handeln anderer Menschen ein Auge zu haben, findet Innensenator Udo Nagel (parteilos) wichtig. So will er die Videoüberwachung öffentlicher Plätze ausweiten, damit die Polizei mitbekommt, wenn jemand dort etwas Unerlaubtes tut (taz berichtete). Nur sich selbst will Nagel nicht auf die Rechtmäßigkeit seines Tuns hin beobachten lassen. Die Kritik des Datenschutzbeauftragten Hartmut Lubomierski, die an der Reeperbahn praktizierte Videoüberwachung verstoße gegen datenschutzrechtliche Vorschriften, hat er nicht beachtet, solange sie nur in einem internen Brief geäußert war. Nagel reagierte erst, als Lubomierski damit am Mittwoch an die Öffentlichkeit ging – und schoss nun mit einem Plädoyer für die Videoüberwachung zurück, das ihm von Lubomierski wiederum den Vorwurf einhandelte, Nagel habe seine Kritik mutwillig verdreht. Es brennt.

Dass die Ansichten von Datenschützern und dem Innensenator über die Videoüberwachung auseinandergehen, war schon bekannt, ehe Nagel die ersten Kameras auf der Reeperbahn installieren ließ. Als sie hingen, hat Lubomierski sie auf ihre rechtliche Zulässigkeit hin überprüft – und gravierende datenschutzrechtliche Mängel festgestellt. Deshalb hat er dem Innensenator Ende Februar einen Brief geschrieben.

Darin hat er zunächst angemahnt, die Videoüberwachung unabhängig und ergebnisoffen evaluieren zu lassen. Bis die Mängel beseitigt seien, sollte die Aufzeichnung und Verarbeitung der Videobilder eingestellt werden. Die Polizei müsse die Überwachung solange auf das Sichten der Live-Bilder beschränken, ohne diese zu archivieren. Und sollte Nagel die Ausweitung der Überwachung auf andere öffentliche Plätze erwägen, mahnte Lubomierski weiterhin, müsste die Polizei zunächst eine umfassende Risikoanalyse und Verfahrensbeschreibung vorlegen.

Eine Antwort auf sein Schreiben bekam der Datenschützer nicht. Das nächste, was er zu dem Thema seitens der Innenbehörde mitbekam, war die öffentliche Ankündigung Nagels am Mittwoch, nun auch am Hansaplatz in St.Georg Kameras aufzuhängen. Lubomierski war pikiert.

Nachdem Nagel an die Öffentlichkeit gegangen war, tat Lubomierski das auch. Er teilte das Ergebnis seines Prüfberichtes mit. „Dass die Polizei die Videoüberwachung schönredet“, fasste er zusammen, „kann keine Grundlage für den Aufbau einer flächendeckenden Überwachungsinfrastruktur in Hamburg sein“. Nun sah sich Innensenator Nagel dann doch zu einer Reaktion genötigt. Zwar nahm er mit keinem Wort zu den konkreten Kritikpunkten Lubomierskis Stellung. Dafür wütete der Innensenator, Datenschutz dürfe nicht „zum Täterschutz“ werden: „Höchstes Ziel ist für uns der Opferschutz – einen Täterschutz unter dem Mantel des Datenschutzes wird es mit mir nicht geben!“ Die Forderung nach dem „Abschalten der Kameras“ sei eine „unverantwortliche Maßnahme, mit der man die Sicherheit der Menschen aufs Spiel setzt“.

Nun ist es aber so, dass Lubomierski eine Abschaltung der Videokameras gerade nicht gefordert hat. Im Gegenteil: Er hat vorgeschlagen, auf der Reeperbahn zunächst nur das Live-Geschehen zu beobachten, ohne davon Archiv-Aufnahmen zu fertigen. Lubomierski war erneut konsterniert: „Darf ein Innensenator meine Erklärung so verdrehen?“

Die SPD-Fraktion findet, das darf er nicht. Inzwischen hat sich deren Rechtsexperte Rolf-Dieter Klooß eingeschaltet. Der Innensenator solle sich umgehend und in aller Ruhe zu den Punkten Lubomierskis äußern, statt sich in „verbaler Kraftmeierei“ zu üben. Fortsetzung folgt?