Einigung mit Flüchtlingen

BESETZUNG Lösung am Sonntagabend: Kirche bietet mehr als 60 Ersatzplätze an

Am Samstag wurde bis spät in die Nacht verhandelt und diskutiert, am Sonntag nach dem Gottesdienst gingen die Gespräche weiter. Am Sonntagabend stand dann fest: Die Flüchtlinge nehmen das Angebot des Evangelischen Kirchenkreises Stadtmitte an und werden für vier Wochen in verschiedenen kirchlichen Einrichtungen untergebracht. Der Umzug sollte noch am Abend stattfinden.

Zunächst hatte die Gemeinde den Flüchtlingen angeboten, für vier Wochen in einem evangelischen Studentenwohnheim – dem Theologischen Konvikt in der Borsigstraße in Mitte – unterzukommen. Der Versammlungsraum dort könne zur „neuen temporären Übernachtungsmöglichkeit“ umfunktioniert werden, wenn die Flüchtlinge im Gegenzug dafür die Kirche am Mariannenplatz räumen würden, sagte die Sprecherin des Kirchenkreises Stadtmitte, Christiane Bertelsmann.

Grüne Kärtchen verteilt

Allerdings galt dieses Angebot nur für jene 38 Flüchtlinge, die in der Nacht auf Samstag in der Kirche übernachteten und am Samstagmorgen von Gemeindevertretern ein grünes Kärtchen bekamen. In der Kirche hielten sich zeitweise aber deutlich mehr Menschen auf. Vertreter der Flüchtlinge erstellten eine Liste mit gut 60 Namen.

„Wir wollen nicht, dass Leute von uns zurückbleiben müssen“, sagte einer der Flüchtlinge am Sonntagnachmittag. Außerdem würden viele darauf drängen, dass die Kirche den Zeitraum ihres Angebots verlängert. „Wir können nicht in vier Wochen schon wieder auf der Straße stehen.“ Viele der Flüchtlinge in der Kirche haben bereits auf dem Oranienplatz gewohnt, waren danach in Asylbewerberunterkünften untergebracht und wurden dort nun rausgeworfen, nachdem ihre Verfahren abschlägig beschieden wurden.

Angebot aufgestockt

Am Sonntagabend verbreitete sich über Twitter die Nachricht, dass ein neues Angebot vorliege: Bertold Höcker, Superintendent des Kirchenkreises Stadtmitte, habe die Aufstockung des Angebots auf 61 Plätze in insgesamt sechs verschiedenen Unterkünften verkündet. Christiane Bertelsmann bestätigte gegenüber der taz diese Informationen. Fabio Reinhard, flüchtlingspolitischer Sprecher der Piratenfraktion und am Sonntagabend selbst in der Kirche, lobte die konstruktive und besonnene Verhandlungsatmosphäre in der Kirche. Die Flüchtlinge entschieden sich nach kurzer Beratungszeit, das Angebot anzunehmen und die Kirche zu verlassen. Am Mittwochabend soll in der Heilig-Kreuz-Kirche in Kreuzberg eine „Dialogveranstaltung“ mit den Flüchtlingen und Kirchenvertretern stattfinden. MALENE GÜRGEN