Außenminister Kerry sammelt Verbündete

IRAK Im Krieg gegen die Dschihadisten des Islamischen Staates suchen die USA sunnitische Partner in der Region. Doch diese trauen Washington nicht. Dabei geht es auch um das taktische Bündnis mit dem Iran

Riad will den USA Basen für die Ausbildung syrischer Rebellen zur Verfügung stellen

ISTANBUL taz | Nun also doch: US-Präsident Barack Obama zieht in den Krieg. In einer Rede an die Nation hatte er am Mittwochabend dem Islamischen Staat (IS) den Kampf angesagt und von einem Antiterroreinsatz gesprochen. Doch am Freitagabend nannten die Sprecher des Weißen Hauses und des Pentagons das Kind beim Namen. Amerika befinde sich im Krieg mit dem IS sowie mit al-Qaida und deren Ablegern, sagte Obamas Pressesekretär Josh Earnest.

Was als Wortklauberei erscheint, zeigt, wie schwer sich die Obama-Regierung mit dem Kampf gegen die Extremisten tut. Das gilt nicht zuletzt bei der Suche nach Verbündeten. Vierzig Staaten haben sich laut Kerry, der in den vergangenen Tagen die Region besuchte, der Anti-IS-Koalition angeschlossen. Vor allem geht es für die USA darum, den Eindruck zu vermeiden, der Krieg richte sich gegen die Sunniten in Syrien oder im Irak. Aus der Türkei ist Kerry erst einmal mit leeren Händen abgereist. Außer humanitärer Hilfe und dem Austausch von Geheimdienstinformationen machte Ankara keine Zusagen.

Mehr Erfolg hatte Kerry in Saudi-Arabien, wo neben den sechs Mitgliedern des Golfkooperationsrats auch Jordanien, Ägypten, der Irak und Libanon das Dschidda-Communique unterzeichneten. Grundsätzlich erklären sich die Teilnehmer bereit, sich gegebenenfalls an einem Feldzug gegen den IS zu beteiligen. Sie verpflichten sich, den Zustrom von Dschihadisten und deren Propaganda zu unterbinden sowie gegen ihre Finanzierungsnetze vorzugehen und humanitäre Hilfe zu leisten. Konkrete militärische Zusagen machen sie nicht. Darüber hinaus will Saudi-Arabien den USA Basen zur Verfügung stellen, um rund 10.000 sogenannte moderate syrische Rebellen auszubilden. Bis in einem Jahr sollen die ersten 5.000 einsatzfähig sein.

Ein Jahr ist eine lange Zeit in einem Krieg. Die Rebellen in Syrien, die sich von den USA im Stich gelassen fühlen, dürfte das kaum von Obamas Plan überzeugen. Etliche Fraktionen haben bereits klar gemacht, dass sie auf keinen Fall den Kampf gegen Präsident Baschar al-Assad aufgeben, um gegen den IS in die Schlacht zu ziehen. Misstrauen herrscht auch am Golf, wo die Regierungen Obamas zögerliche Haltung im Syrien-Konflikt für den Aufstieg des IS mitverantwortlich machen. Sie haben nicht vergessen, dass Obama nach Assads Giftgasangriffen im vergangenen Jahr in letzter Minute Luftangriffe abgesagt hatte.

Mit seiner Brutalität und finsteren Ideologie hat der IS jedoch erreicht, was schier unmöglich schien: Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Ägypten haben ihren Konflikt mit Katar wegen seiner Unterstützung für die Muslimbrüder erst einmal auf Eis gelegt. Unter dem Druck der Nachbarn drängte die Regierung Katars mehrere führende Mitglieder der ägyptischen Muslimbrüder, das Land zu verlassen. Die saudische Regierung ist auch bereit, mit dem Irak ein neues Kapitel aufzuschlagen. Dafür muss der neue Regierungschef Haider al-Abadi allerdings erst noch beweisen, dass die Schiiten tatsächlich kompromissbereit gegenüber den Sunniten sind.

Obama hat den Irak zum zentralen Angelpunkt seiner Syrien-Strategie gemacht. Das ist freilich die Achillesferse. Denn im Irak sind die USA im Kampf gegen den IS faktisch ein taktisches Bündnis mit dem saudischen Erzrivalen Iran eingegangen. Die USA bombardieren, von Teheran ausgebildete schiitische Milizionäre stellen neben den Kurden die Bodentruppen, teils koordiniert von iranischen Beratern.

Vor allem Saudi-Arabien fürchtet, dass der US-Einsatz die Hand Teherans in Bagdad und in Damaskus weiter stärkt. Der Krieg in Syrien hat das seit dem Sturz des Saddam-Regimes vor elf Jahren schwelende Feuer zwischen Sunniten und Schiiten voll entfacht. Und obwohl sich USA, Saudi-Arabien und der Iran im Kampf gegen den IS auf den ersten Blick im gleichen Boot befinden, werden sie es nicht löschen. Kerry schloss zudem eine Teilnahme der Iraner an der Irak-Konferenz in Paris am Montag aus. INGA ROGG