WIE GRÖNLANDS REGIERUNG DEN WALFANG DER INUIT INS ZWIELICHT RÜCKT
: Mehr als das Essen der Eskimos

Kritik am Walfang indigener Völker ist weithin tabu. Schnell setzt sich dem Vorwurf kolonialer Attitüde aus, wer diesen Menschen auch noch die letzte verbliebene Lebensgrundlage entziehen will. Und natürlich sind ja auch die Inuit gar nicht schuld daran, dass die Narwale vor Grönlands Küste akut vom Aussterben bedroht sind. Doch sie sind diejenigen, die Jagd auf sie machen.

Die zuständigen Regierungen – in Grönland und Dänemark – besitzen die verständliche, aber ungute Neigung, das Problem zu verniedlichen oder ganz abzutun. Dagegen hilft nur internationale Einmischung. Ganz bewusst scheint man in Grönland nämlich seinen Zwitterstatus als nicht selbstständiges Land, sondern selbstverwaltetes und teilautonomes Territorium Dänemarks ausgenutzt zu haben, um sich unbequemen Verpflichtungen aus internationalen Abkommen zu entziehen.

Dänemark hat zwar das Washingtoner Artenschutzabkommen Cites unterzeichnet und sich damit verpflichtet, dieses auf seinem ganzen Territorium umzusetzen. Doch jahrelang stellten sich die autonomen Gebiete der Färöer und Grönlands einfach auf den Standpunkt, von diesem Abkommen nicht betroffen zu sein. Cites klagt Grönland und Kopenhagen an, nicht nur der jagdbedingten Dezimierung bedrohter Vogelarten tatenlos zugesehen zu haben, sondern auch dem verbotenen Handel mit Walprodukten. Der Narwal steht wohl weniger seines Fleisches wegen als vielmehr wegen des begehrten charakteristischen Stoßzahns des Männchens kurz vor der Ausrottung.

Erst im vergangen Sommer wurde dieser Handel von Kopenhagen verboten. Doch dieses Verbot ist nach wie vor nicht wasserdicht. Wenn dadurch auch jener Teil des Inuit-Walfangs ins Zwielicht gerät, der diesen Menschen tatsächlich als Lebensgrundlage dient, können diese sich dafür bei ihrer Regierung bedanken. Mit ihrer Kampagne zur Freigabe des kommerziellen Walfangs nährt sie den Verdacht, dass sie eigentlich eine ganz andere Agenda verfolgt, als nur um den Schutz der traditionellen Fangkultur der Inuit besorgt zu sein.

REINHARD WOLFF