Puma springt ins Gucci-Täschchen

Französischer Luxuskonzern will für gut fünf Milliarden Euro den deutschen Sportartikelhersteller übernehmen. Der verdient sein Geld mittlerweile ebenfalls mit Designer-Ware. Doch die wird unter fragwürdigen Umständen hergestellt, sagen Kritiker

„Gucci übernimmt noch weniger soziale Verantwortung als Puma“

VON H. GERSMANN
, S. KOSCH
UND C. ZEINER

Puma wird Luxus. Nachdem der Sportartikelhersteller sich in den vergangenen Jahren zur teuren Lifestyle-Marke wandelte, will nun der Luxusmarken-Konzern PPR aus Frankreich mit ihm Geld verdienen. Das Unternehmen, das bereits Marken wie Gucci, Yves Saint Laurent und Sergio Rossi unter seinem Dach bündelt, hat den Tchibo-Erben Herz gestern ihr Puma-Aktienpaket für etwa 1,4 Milliarden Euro abgekauft. Damit besitzen die Franzosen bereits gut 27 Prozent an dem zweitgrößten deutschen Sportartikelhersteller. Und sie wollen noch mehr. Den anderen Aktionären bietet PPR 330 Euro pro Aktie. Puma-Chef Jochen Zeitz begrüßte die Offerte.

Als Zeitz vor 14 Jahren die Führung bei Puma übernahm, galten die Schuhe und Trainingsanzüge mit dem springenden Raubtier als Ladenhüter und lagen in der Käufergunst weit abgeschlagen hinter Konkurrenten wie Adidas und Nike. Zeitz sorgte für den Relaunch der Marke. Irgendwann trug auch Madonna Puma, mittlerweile schneidert Philippe Starck Unterwäsche für das Unternehmen, das auch die Yoga-Tasche des früheren Supermodels Christy Turlington vermarktet. Für die Aktionäre zahlte sich dieser Kurs aus – Puma-Papiere stiegen in den vergangenen fünf Jahren um rund 600 Prozent.

Doch der ganze Glamour kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass es um ein „schmutziges Geschäft“ gehe, sagt Sandra Dusch Silva von der Kampagne für saubere Kleidung. Näherinnen arbeiten für Puma in El Salvador zum Beispiel 16 Stunden am Tag. Trotzdem ist der Lohn mit 175,57 US-Dollar im Monat so gering, dass er nicht reiche, um eine vierköpfige Familie zu ernähren. Gewerkschaften sind verboten. Auf diese Missstände wollen Mitarbeiter der Initiative heute die Aktionäre aufmerksam machen.

Die Kampagne saubere Kleidung, die von Gewerkschaften, Kirchen und Frauenorganisationen getragen wird, protestiert seit langem gegen die Fabriken in Mittelamerika und Asien, in denen Frauen Kleidung und Schuhe vor allem für den europäischen und nordamerikanischen Kunden produzieren. Sie fordert zum Beispiel Mindestarbeitslöhne. Der Anteil einer Näherin am Preis eines Sportschuhs liegt derzeit im Schnitt bei 0,4 Prozent. Doch nur wenige Unternehmen ziehen mit.

Puma gehört dabei noch zu den Aufgeschlossenen. Bis November 2006 hat der Sportartikelhersteller an einem Modellprojekt teilgenommen. Die Firma ließ zwei Zulieferer in El Salvador sowie deren Lieferanten so kontrollieren, wie die Kampagne saubere Kleidung es verlangt. Das heißt: Unabhängige Institutionen prüfen, ob vernünftige Löhne gezahlt, Betriebsräte zugelassen oder Schwangerschaftstests verboten werden. Lieferanten, die die Standards nicht einhalten, müssen einen Korrekturplan aufstellen. Doch nach zwölf Monaten brach Puma die Kooperation ab. Puma wollte sich dazu gestern nicht äußern.

Der Sportartikelhersteller hält sich nun nur noch an den eigenen Verhaltenskodex. Allein: Eine unabhängige Kontrolle dieser Standards gibt es nicht. Ähnlich verfahren andere Sportartikelhersteller wie Adidas oder Nike. Damit sind sie nicht gut, aber besser als viele andere Textilhersteller – etwa der Gucci-Mutterkonzern PPR.

„Gucci oder andere PPR-Töchter übernehmen noch weniger soziale Verantwortung als Puma“, sagt Dusch Silva. Die Kampagne saubere Kleidung wirft PPR-Töchtern vor, keinen Verhaltenskodex zu haben. Mitarbeiter, die Gewerkschaften gründen wollen, sollen eingeschüchtert worden sein. Und die Löhne seien zu gering. Davon will PPR allerdings nichts wissen. Sprecher Alexander Geiser erklärt: Puma und PPR sind mit Blick auf ihre Sozialstandards „auf gleicher Wellenlänge“ und „absolute Vorreiter“.

Und weil man sich so gut versteht, sicherte der PPR-Konzern, der insgesamt 5,3 Milliarden Euro für den Kauf eingeplant hat, Puma auch für die Zukunft seine Eigenständigkeit zu. Stellenstreichungen seien nicht geplant. Die Übernahme ist aber noch nicht in trockenen Tüchern. Analysten rieten gestern dazu, das Angebot noch nicht anzunehmen und hoffen auf eine Offerte von mindestens 400 Euro – möglicherweise auch vom Konkurrenten Nike. PPR-Chef François-Henri Pinault winkte allerdings vorsorglich ab: 330 Euro seien das letzte Wort, mehr werde man nicht zahlen.