Wer sich bilden will, soll reisen

STUDIEREN Hochschulen im Norden rüsten sich für doppelte Abitur-Jahrgänge. Uni-Göttingen verspricht jedem Bewerber einen Platz. Mühsames Verfahren blockiert Platz-Vergabe. Viele nehmen eine Auszeit

Die Hochschulmesse informiert am 28. Mai über Studienmöglichkeiten im Norden: 10 bis 16 Uhr in der Arbeitsagentur Hamburg, Kurt-Schumacher-Allee 16.

Persönlich testen, welcher Studiengang geeignet ist, kann man auf der Homepage der Nord-Hochschulen: www.selfassessment.uni-nordverbund.de.

Das Team für Akademische Berufe der Arbeitsagentur bietet Studienberatung: ☎ 01801/55 51 11.

Die Allgemeine Studienberatung der Universitäten kann Fragen zur Zulassung beantworten.

Abgelehnte Bewerber können einen Platz auch einklagen. Beratung bieten die Asten. JUM

VON JULIA MATEUS

Die Wehrpflicht ist ausgesetzt, in mehreren Ländern machen zwei Jahrgänge gleichzeitig Abitur. Allein in Niedersachsen legen dieses Jahr 47.000 Schüler die Reifeprüfung ab. Wie stehen da die Chancen auf einen Studienplatz?

Eine erste Orientierung bietet am 28. Mai die „Hochschulmesse“ in den Räumen der Hamburger Arbeitsagentur. Hier werben Universitäten aus Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein für ihre Studiengänge. Schüler erfahren, wie sie sich bewerben und wo es Zulassungsbeschränkungen gibt.

In Hamburg verließ der durch die Schulzeitverkürzung entstandene doppelte Abiturjahrgang bereits im Vorjahr die Schulen. Doch den erwarteten Ansturm habe es zumindest auf der Vorjahresmesse nicht gegeben, berichtet Agentursprecher Knut Böhrnsen. Auch an der Uni-Hamburg war der Anstieg der Bewerbungen von Studienanfängern nicht so hoch wie erwartet. Der Zuwachs lag bei zehn Prozent.

In diesem Sommer verlassen nun in Niedersachsen die Schüler, die nach zwölf und 13 Jahren fertig sind, gleichzeitig die Schulen. Auch das könnte sich auf die Bewerberzahlen der Uni-Hamburg auswirken. Schließlich sei Hamburg ein „klassisches Nehmerland“, erklärt Timo Friedrichs von der Hamburger Wissenschaftsbehörde. Nur etwa ein Drittel der dortigen Studierenden sind Hamburger, der Rest kommt aus anderen Ländern. Da die Bewerber nach ihrem Abiturschnitt ausgewählt werden, haben Landeskinder keinen Heimvorteil. Studienanwärter müssten örtlich flexibel sein, sagt Friedrichs: „Keiner darf erwarten, dass er direkt vor seiner Haustür studieren kann.“

Es hätten viele gar nicht die Möglichkeit, für ein Studium umzuziehen, hält Till Petersen von der Fachschaftsrätekonferenz der Uni-Hamburg dagegen. Wegen der Studiengebühren und teurer Lebenshaltungskosten müssten viele bei den Eltern wohnen. Außerdem würden nicht überall dieselben Schwerpunkte angeboten. Insgesamt sind Studienplätze an der Uni-Hamburg sehr gefragt: Auf 8500 Plätze kamen im Wintersemester 2010 über 43.000 Bewerber.

Etwas entspannter erscheint die Lage in Niedersachsen: An den Universitäten in Hannover und Göttingen fühlt man sich auf die Doppeljahrgänge gut vorbereitet. Die Uni-Göttigen verspricht sogar jedem Bewerber einen Platz, „wenn auch nicht immer im Wunschstudiengang“, wie Sprecher Bernd Ebeling einräumt.

Das Land Niedersachsen hat, genau wie Hamburg und Bremen, Geld zur Verfügung gestellt um zusätzliche Studienanfänger aufzunehmen. Ob dies ausreicht und wie viele junge Menschen tatsächlich unversorgt bleiben werden, ist derzeit in keinem der Länder absehbar. Man weiß nicht, wie viele Abiturienten direkt ein Studium beginnen möchten. Nach Einschätzung von Thomas Vielhauer vom Hochschul-Team der Arbeitsagentur nehmen sich viele erst einmal eine Auszeit. Beliebt sind längere Auslandsaufenthalte oder ein Freiwilliges Soziales Jahr. Bei der Arbeiterwohlfahrt in Hamburg gab es im letzten Jahr einen Run auf die Freiwilligendienste: Es kamen 700 Bewerber auf 60 Stellen, 200 mehr als im Vorjahr.

Doch wer studieren will, den sollten hohe Bewerberzahlen nicht abschrecken. Oftmals gibt es trotzdem eine Chance auf einen Platz. Denn viele Studienwillige bewerben sich an mehreren Unis, um einen Platz zu ergattern.

Das hat zur Folge, dass einige von mehreren Unis Zusagen bekommen, während andere leer ausgehen. Die Unis wählen die Bewerber anhand der Noten aus. Wer einen Platz bekommt, muss ihn innerhalb einer Frist annehmen. Erst danach werden abgelehnte Plätze an die Rangnächsten weitergegeben. Häufig sind mehrere Nachrückverfahren notwendig und manchmal bleiben sogar Plätze frei.

Dieses Verfahren sollte jetzt zum Wintersemester geändert werden: Die Stiftung für Hochschulzulassung, ehemals ZVS, hatte ein bundesweites Zulassungsverfahren geplant, das Studieninteressierten ermöglicht, sich in einem Schritt bei mehreren Unis gleichzeitig zu bewerben. Nachrückverfahren und frei bleibende Studienplätze sollten so vermieden werden. Da es jedoch noch Softwareprobleme gibt, wurde der Start verschoben – auf unbestimmte Zeit.