Jukebox

FemPower reloaded

Singende Schauspieler und schauspielernde Sänger – ein berufliches Gendercrossing, das selten glückt. Der einzige Star, dem die Transformation vom Performer zum Musiker derzeit zu gelingen scheint, ist die amerikanische Schauspielerin Juliette Lewis. Vor drei Jahren, da war sie 30, nach einer erfolgreichen Hollywoodkarriere und erfolgreich überstandenen Drogenproblemen, hatte die auf rebellische Görenrollen abonnierte Lewis genug von ihrem ersten Leben. So ungestüm und radikal, wie sie Charaktere wie die kaputte Mörderin Mallory Knox in „Natural Born Killers“ oder Nick Noltes pubertätsverwirrte Tochter in Scorseses „Kap der Angst“ verkörpert hatte, trennte sich die Kalifornierin von Haus und Ehemann, suchte und fand vier musikalische Mitstreiter und setzte ihren Kindheitstraum von der Rockgöre in die Tat um: Mit ihrer Band Juliette and the Licks macht sie seitdem als amazonenhafte Erscheinung in hautengen Catsuits und Indianer-Kopfschmuck „ferocious Rock’n’Roll“, und der Hit ihres 2006 erschienenen dritten Albums „Four To The Floor“ heißt nicht nur „Hot Kiss“, er klingt – das Schlagzeug prügelt Foo-Fighters-Frontmann Dave Grohl – auch genauso. „Stärke in die weibliche Sexualität“ zu bringen, das sei einer ihrer Beweggründe, Musik zu machen, sagt Juliette Lewis. Wenn sie mit ihrer rauen, trainierten Riesenstimme und ihrem drahtigen Körper im Video zum Song durch eine Londoner Straße fegt, dann strahlt das so viel starke weibliche Sexualität aus, dass einem dazu Joan Jett einfallen muss, eine andere große Erscheinung des Rock und Vorbild aller Rrriot-Girlbands von Hole bis L7. Wie Joan Jett stammt auch Juliette Lewis aus Los Angeles, beide schmissen mit 15 die Schule, um sich einer großen Zukunft zuzuwenden. Joan Jett gründete die legendäre Mädchenband Runaways und schrieb Musikgeschichte, als sie 1982 mit ihrem Überhit „I Love Rock’n’Roll“ 7 Wochen lang Platz 1 der amerikanischen Billboard-Charts belegte. So laut, so selbstbewusst, so entschieden Rock’n’Roll ist heute nur Juliette Lewis. Am Samstag stellen Juliette and the Licks in Berlin ihr aktuelles Album vor, und Juliette Lewis wird auf der Bühne schwitzen, schreien, ihre Gliedmaßen biegen und das kompromisslose Mädchen sein, das sie schon als Schauspielerin war: „Ich lebe den Rock-’n’-Roll-Traum und das ist alles!“ Lorraine Haist