Hausarrest für Fans

Dutzende Anhänger des VfL Bochum dürfen an Spieltagen die heimische Innenstadt nicht mehr betreten. Ihnen drohen zudem bundesweite Stadionverbote. Kritik an Polizei

VON HOLGER PAULER

Der heutige Samstag sollte für die Fans des VfL Bochum eigentlich zum Feiertag werden. Mit einem Sieg gegen Hertha BSC Berlin wäre der Klassenerhalt so gut wie sicher, außerdem rief der Bundesligist den 14. April zum Fantag mit Rahmenprogramm aus. Doch nicht allen ist zum Feiern zumute. Die Polizei hat mehrere Fans des VfL Bochum mit einem so genannten Bereichsbetretungsverbot belegt. Sie dürfen bestimmte Teile der Innenstadt nicht betreten. Auch der Weg zum Stadion wird ihnen verwehrt, obwohl gegen sie „keine direkten Stadionverbote“ ausgesprochen wurden, sagte der Einsatzleiter der Bochumer Polizei, Ulrich Grzella, der taz.

Die Polizei soll nach Informationen aus Fankreisen in den vergangenen Tagen Bochumer Fans zu Hause aufgesucht haben. Ein Teil der Fans sei noch minderjährig und wohne bei den Eltern. Den Betroffenen sei mitgeteilt worden, dass ihr Aufenthalt am heutigen Spieltag in der Innenstadt unerwünscht sei. Ähnliche Auflagen gälten laut Polizei für das Revierderby gegen Schalke 04 am Freitag, den 27. April, und das darauf folgende Wochenende. „Künftig werden wir diese Störer gar nicht mehr ins Stadion lassen“, sagte Bochums Polizeipräsident Thomas Wenner.

Grund für die Verbote waren gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Fangruppen vor dem Revierderby VfL Bochum gegen Borussia Dortmund am 10. März. Die Polizei hatte knapp 1.000 BVB-Fans vom Bochumer Hauptbahnhof Richtung Ruhrstadion führen wollen. An einer Kneipe wurden sie von VfL-Fans überrascht, es flogen vereinzelt Flaschen und Dosen. Die Polizei sperrte 85 Bochumer in die Kneipe ein, wo sie das Fußballspiel im TV verfolgen konnten. Andere wurden in umliegende Gefängnisse abtransportiert. „Leute, die nicht eindeutig den Ultras zugeordnet werden konnten, durften die Kneipe verlassen“, sagte Grzella, bei den übrigen seien die Personalien festgestellt worden. Nach Auswertungen des Videomaterials seien neun Personen als Rädelsführer benannt worden. Ihnen drohen nun rechtliche Konsequenzen.

Bundesweite Stadionverbote werden seit 1994 ausgesprochen. Grundlage hierfür ist die Datei „Gewalttäter Sport“, die von der Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) beim Landeskriminalamt NRW betreut wird. Die Zahl der registrierten Personen liegt mittlerweile bei mehr als 8.000. Allein in den vergangenen drei Jahren hat sich die Zahl verdoppelt. Oft genügt die polizeiliche Registrierung persönlicher Daten am Rande eines Fußballspiels für eine jahrelange Speicherung. Auf dieser Grundlage können neben den Stadionverboten auch Meldeauflagen und „Bereichsbetretungsverbote“ angeordnet werden.

Auch Teile der so genannten Ultras gelten als gewaltbereit, dennoch wächst die Kritik am Vorgehen der Polizei: „Der Dialog zwischen Ultras und Polizei ist notwendig, es wäre fatal, wenn man alle Fans abstraft“, sagte Ralf Zänger, Streetworker im Bochumer Fanprojekt. Die Folgen waren vor zwei Wochen beim Spiel gegen Hannover 96 zu sehen. Die Gesänge der Fans beschränkten sich auf ein Minimum – auf Choreografien und den üblichen Vorsänger mit Megaphon wurde verzichtet. Die Gruppe sah sich „nicht in der Lage, nach den gegen einige Mitglieder verhängten Aufenthaltsverboten für die Innenstadt und den Stadionbereich normal zum Tagesgeschäft überzugehen“, hieß es in einer Mitteilung der Ultras Bochum. Hoffentlich können sie wenigstens den vorzeitigen Klassenerhalt feiern.