Alles top-top

FUSSBALL Auch wenn der Bewegungsdrang von Bayern-Coach Pep Guardiola größer ist als der seiner Spieler, gewinnt München gegen Manchester City mit 1:0

„Vielen Dank an Bayern für diesen Transfer!“

GUARDIOLA FREUT SICH ÜBER MEHDI BENATIA

MÜNCHEN taz | Der Held kam barfuß und erst kurz vor Mitternacht. Jérôme Boateng. In der letzten Minute hatte er mit viel Willen und ebenso viel Glück den einzigen Treffer des Abends erzielt, war prompt zur Dopingkontrolle beordert worden und konnte nun einfach nicht. War ja auch ein aufregender Abend. Aber höflich wie er nun mal ist, kam er nachher zu den wartenden Journalisten, noch immer in Trikot und Turnhose, und sprach in der ihm eigenen Bräsigkeit über dieses 1:0 gegen seinen Ex-Klub Manchester City. Sieht man den energischen, zuweilen hitzköpfigen Zweikämpfer Boateng auf dem Rasen und steht dann dem tief in sich oder in irgendetwas anderem ruhenden Zivilisten Boateng gegenüber, traut man seinen Ohren nicht. Als er den irren Jubeltanz seines Trainers, in dessen Verlauf der Torschütze das ein oder andere Würgemal davongetragen haben dürfte, kommentieren sollte, sagte er mit der ausdruckslosesten Stimme: „Man sieht eben, wie emotional der Trainer ist.“

Das sah man in der Tat. Dass Pep Guardiola kein stoisch bankdrückender Schweiger der Marke Ernst Happel ist, war bekannt. Aber was er zum Champions-League-Auftakt da an der Seitenlinie veranstaltete, gibt doch zu denken. Schade, dass Oliver Kahn nicht zur Hand war, um mal wieder das Phänomen Druck im Profifußball im Allgemeinen sowie im Besonderen beim FC Bayern zu erklären. Es müssen sehr viele Tonnen Druck gewesen sein, die Guardiola zu spüren glaubte. In einem 90-minütigen Derwischstanz tobte der Übungsleiter durch die Coaching-Zone und meist weit darüber hinaus. Eigentlich stand er fast immer im Feld, und in den letzten hektischen Sekunden musste man fürchten, dass er gleich einen der hellblauen Briten umsensen würde. Wie praktisch, dass der vierte Offizielle aus Spanien kam und den Landsmann mit erstaunlicher Langmut gewähren ließ.

Mitleid musste man mit den Spielern haben, die hin und her gerissen waren: Gucken was der Chef da wieder wedelt oder doch lieber Fußball spielen? Philipp Lahm meinte, die Spieler würden ihren Trainer immer verstehen, „weil wir jeden Tag trainieren“. Und Bayern-Mahner Matthias Sammer sagte: „Ich finde das gut. Er hat halt das Gefühl, mittendrin zu sein. Und wenn er zu wild rumrennt und mir in der Sicht steht, dann sag’ ich ihm das.“

Dank des elften Auftaktsiegs hintereinander in der Königsklasse hat Bayern nun freie Sicht auf die K.-o.-Runde. „Wir haben mit großem Herz gespielt und verdienen diesen Sieg. Bei einer Niederlage wäre es sehr schwierig geworden“, sagte Guardiola, „sechs, sieben, acht Teams können dieses Jahr die Champions League gewinnen – Manchester City gehört dazu. Sie haben big, big players. Ich bin so happy, weil wir gegen eine der stärksten Mannschaften Europas gewonnen haben.“ Und das mit einer Aufstellung, die Guardiola nicht ruhig sitzen ließ: Rafinha hatte erst eine Trainingseinheit gehabt, Benatia in den letzten drei Monaten nur einen Einsatz. Aber: „Sie haben überragend gespielt.“ Vor allem Benatia. „Vielen Dank an Bayern für diesen Transfer!“ Auch Lahm lobte: „Ein sehr, sehr guter Innenverteidiger.“

Kollege Dante wird das nicht gefallen. Denn an dem anderen Innenverteidiger kommt er erst recht nicht mehr vorbei: „Jérôme ist ein Top-Top-Spieler“, lobte Pep Guardiola, „ich habe oft zu ihm gesagt: Wenn du einer der besten Innenverteidiger der Welt werden willst: You can do it! Er hat alles, ist schnell, gute Pässe, kopfballstark. Ein guter Typ, eine große Persönlichkeit. Er wird jedes Jahr ein besserer Spieler.“

Und er kann seinen Trainer offenbar glücklich machen. THOMAS BECKER