Schließung und Auflösung

betr.: Thema des Tages „Zur IHK-Mitgliedschaft gezwungen“, „Kampf für Windmühlen“, Interview „Wir brauchen die Pflicht zur Mitgliedschaft“ mit DIHK-Justiziar Jürgen Möllering, taz nrw von 13.04.07

Jedes Jahr müssen 3,1 Millionen deutsche Unternehmerinnen und Unternehmer [...] zwangsweise über eine Milliarde Euro „Beiträge“ an 81 Industrie- und Handelskammern abführen, für die sie keinerlei konkrete, nachprüfbare, mess- und bewertbare, gleichwertige Gegenleistungen erhalten. Zwischen 60 und 75 Prozent davon werden in den übermäßig aufgeblähten Verwaltungen der Kammern aufgebraucht, die im Laufe der Jahrzehnte ein Selbstzweck und ein sanftes Ruhekissen für leistungsunwillige und vermutlich auch leistungsunfähige Opportunisten geworden sind. [...] Dabei ist diese „Beitrags“-last sehr ungleich und ungerecht verteilt: Ca. 1,5 Milliarden Euro müssen kleine und mittlere Betriebe aufbringen, mit lediglich 300 Millionen Euro „beteiligen“ sich Großbetriebe, manche Konzerne nur mit einem kleinen, dreistelligen „Grundbeitrag“. Städte, Gemeinden und staatliche Stellen nehmen ständig Beratungen und Dienstleistungen der Kammern in Anspruch, ohne dafür auch nur einen Cent zu zahlen, obwohl sie weder Kammermitglieder noch Kammer-Beitragszahler sind. [...]

Weniger als zwölf Prozent Wahlbeteiligung im bundesweiten Durchschnitt, kürzlich sogar nur zehn Prozent in Duisburg und Hamburg, neun Prozent in Köln, 7,7 Prozent in Nürnberg und 6,23 Prozent in München sind deutliche Zeichen für die nicht vorhandene Akzeptanz dieser Institutionen. Vorstände von Vereinigungen mit einer so geringen Wahlbeteiligung haben eigentlich nur noch eine Aufgabe, nämlich ihre Schließung und Auflösung vorzunehmen. In anderen Ländern gibt es keine Zwangsmitgliedschaften in Kammern. Dort regeln die Träger der Wirtschaft ihre Angelegenheiten selbst, notfalls unter Inanspruchnahme der Justiz. Und dort geht es der Wirtschaft wesentlich besser als bei uns. Auch wir wollen uns nicht länger von überbezahlten oder weder demokratisch noch mehrheitlich gewählten „Vertretern“ entmündigen und bevormunden lassen. Auch wir wollen in Zukunft unsere Angelegenheiten selbst regeln. Schließlich sind wir doch offiziell selbstständige Unternehmerinnen und Unternehmer. CHRISTOPH HÖLL, Rosbach