Herthas Spieler mögen’s heißer

Zum ersten Mal seit fünf Monaten verbucht Hertha BSC einen Auswärtssieg. Nach einem frühen Gegentor laufen die Berliner in der zweiten Halbzeit zu Hochform auf und gewinnen klar mit 3:1 gegen den VfL Bochum. Das liegt nicht nur am neuen Trainer

VON CHRISTOPH SCHURIAN

Fußballerisch hat sich Berlin gut auf die Herausforderungen des Klimawandels eingestellt: Denn das Hitzehoch „Peggy“ war am Samstag mindestens so wichtig für den ersten Auswärtssieg von Hertha BSC seit fünf Monaten wie der Trainerwechsel von Falko Götz auf Karsten Heine. Der vor dem Spiel in Bochum von den Amateuren zu den Profis beförderte 52-jährige Heine – trotz Glutsonne in schwarzer Trainingskluft – konnte es bei 30 Grad nicht warm genug sein.

Seine Mannschaft sei „kalt erwischt“ worden, aber sein Team sei wieder „aufgestanden“, und zwar mit „breiter Brust“. Dass nun sogar die Stimmung in der zuvor so zerstrittenen Hertha-Auswahl heiter wird, versprach Mittelfeldler Pal Dardai: Er will dem neuen Trainer jetzt einfach „alles glauben, was er sagt“.

Ausgerechnet ein Gegentor half der Hertha aus der Krise. Glaubt man VfL-Bochum-Coach Marcel Koller, war die frühe Führung gegen Berlin „Gift“ für sein Team. Die druckvolle Kombination über Theofanis Gekas, Joel Epalle und wiederum Gekas in der ersten Minute brachte dem Griechen zwar sein 17. Saisontor, den Bochumern aber kein Glück. Dennis Grothe traf noch das Lattenkreuz für den VfL, danach versuchte sich der Revierclub an Sommerfußball alter Schule.

„Bei diesen Temperaturen“, erklärte VfL-Coach Koller hinterher, als gehe das mit der Wärme bald wieder vorüber, hätten die Seinen offenbar die Hertha anrennen lassen wollen. Doch die altbackene Kontertaktik der Revierfußballer ging nicht auf. Weil einige Bochumer dem Hitzschlag näher waren als dem gegnerischen Torraum, verabschiedete sich der VfL vom Kompaktfußball der letzten erfolgreichen Spiele. Bochums Mittelfeldantreiber Christoph Dabrowski und Thomas Zdebel waren so durstig, dass sie beide an einem Wasserbeutelchen saugten.

Doch die Berliner hatten nicht nur klimatisch klare Vorteile. Die technisch versierteren und wacheren Berliner Einzelspieler, vor allem der variable Gilberto, konnten sich immer wieder bis zum gegnerischen Strafraum durchspielen. Nur Bochums Torwart Jaroslav Drobny und ein lascher Elfmeter von Marko Pantelic verhinderten bis zur Pause den verdienten Ausgleich.

Dass es in der zweiten Hälfte gleich drei Berliner Auswärtstore wurden, lag an den Hochtemperatur-Liebhabern Christian Gimenéz, an Gilberto und Chinedu Ede – und an Regisseur Yildiray Bastürk. Nein, das sei für ihn kein besonderes Spiel mehr, meinte der Ex-Bochumer. Dafür machte der gebürtige Herner einfach ein besonders gutes an seiner einstigen Wirkungsstätte. Gewohnt mürrisch wollte Bastürk zum Abstiegskampf hinterher wenig sagen. Nur das: „Wir müssen noch ein Spiel gewinnen. Und das schaffen wir.“

Gelingt den Herthanern bereits am kommenden Samstag ein Sieg gegen Borussia Dortmund, könnten sie den vorgezogenen Sommer richtig genießen, die Bundesliga-Saison wäre abgehakt und Karsten Heine bliebe wohl auch der Trainer für die Saison 2007/2008. Aber natürlich wollten das weder Hertha-Manager Dieter Hoeneß noch Heine selbst bestätigen.

Wie der Urberliner im dritten Anlauf als Cheftrainer aber die Wende geschafft habe, wollten hinterher die vielen mitgereisten Berliner Reporter wissen? Ein gelöster, gar nicht fremdelnder Neutrainer antworte mit einer schlichten Gegenfrage: „Kennen Sie das Fußball-Abc, es ging um Laufwege, Abstände, Zweikämpfe und Grundausrichtungen, um nichts anderes.“ Und ein bisschen ging es bestimmt auch ums Wetter.