Immergrüne Barbara

So mancher politische Gegner freute sich schon über ihren Abgang: Aber Kölns grüne Fraktionschefin will bleiben

Geht sie jetzt oder nicht? Die Verwirrung war groß, nachdem die Nachricht durch einige Medien gegangen war: Barbara Moritz, Kölns grüne Fraktionschefin, die Architektin der ersten schwarz-grünen Koalition in der Domstadt, wirft das Handtuch. Prompt trudelten erste Glückwunschschreiben politischer Gegner ein, Tenor: „ehrenwert, aber überfällig“.

Doch das war zu früh gefreut: Barbara Moritz will nicht gehen. Noch vor der Sommerpause werde ihre Fraktion einen neuen Vorstand wählen, sagte sie gestern der taz. Und: „Ich kandidiere wieder.“ Also alles wieder gut bei den Domstadtgrünen? Keineswegs: Wie die Bundespartei stecken auch die Kölner Grünen in einer Sinnkrise, die sich jetzt in einer Personalposse um ihre Fraktionschefin entladen hat.

In Köln steht Barbara Moritz, 1951 in Bonn geboren, wie keine andere für den realpolitischen Kurs der letzten Jahre. Seit 2000 ist die Lehrerin Fraktionsvorsitzende der Grünen im Rat, 2003 hat sie die einstige Friedens- und Ökopartei in eine Koalition mit der CDU geführt.

Von außerparlamentarischen Bewegungen ist Moritz mittlerweile so weit entfernt wie Claudia Roth von den Ostermärschen. Zum Beispiel Hausbesetzungen: Wenn in Köln in den letzten Jahren Häuser besetzt wurden, stand Moritz eher hinter dem Abrissbagger als davor.

Bei der letzten Hausbesetzung im Jahr 2006 wurde das in der Partei nicht mehr widerspruchslos hingenommen. Es ging um das Barmer Viertel, das Büro- und Messebauten weichen sollte. Der Skandal um die Finanzierung der neuen Kölner Messehallen war nicht lange her, viele Grünen wollten ihre Partei deswegen keinesfalls an der Seite des Kölner Klüngels sehen. Moritz dagegen verteidigte den Abriss, weil der Standort „nicht geeignet für Wohnungen“ sei.

Inzwischen wird auch in der Mitgliederzeitschrift der Grünen über den Kurs der Partei gestritten. Dort fand sich auch ein Gespräch mit Barbara Moritz. Als es um den politischen Nachwuchs ging, sagte sie: „Ich frage mich, wer mich beerben soll. Das muss jemand sein, der Vollzeit für den Fraktionsvorsitz da sein kann. Ich kann von dem Mandat loslassen, denn es wird Zeit für einen Wechsel.“

Das seien nur theoretische Überlegungen gewesen, sagt Moritz heute, keine Rücktrittserklärung. So leicht wie ein Rückzug lässt sich die Sinnkrise der Partei freilich nicht dementieren.DIRK ECKERT