Nigerias Präsident gewinnt – und verliert

Regierungspartei von Staatschef Obasanjo triumphiert bei den Gouverneurswahlen. Aber vor dem Obersten Gericht erleidet Obasanjo eine Niederlage: Sein Vizepräsident und Intimfeind Atiku Abubakar darf nun doch zur Präsidentschaftswahl antreten

AUS LAGOS HAKEEM JIMO

Nachdem die Gouverneurswahlen in Nigeria am vergangenen Samstag von Gewalt und Unregelmäßigkeiten begleitet wurden, wird nun auch ein korrekter Ablauf der Präsidentschaftswahl am nächsten Samstag fraglich. Das Oberste Gericht des Landes hat gestern Nachmittag einstimmig geurteilt, die Wahlkommission habe kein Recht, Kandidaten von der Wahl auszuschließen. Gemeint ist damit vor allem Vizepräsident Atiku Abubakar, der sich mit Staatschef Olusegun Obasanjo zerstritten hat und für die Partei Action Congress (AC) kandidieren will. Er war von der Wahlkommission Inec wegen Korruptionsvorwürfen gesperrt worden, gilt aber als einer der beliebtesten Politiker Nigerias.

Die Folgen des sensationellen Urteils waren gestern noch völlig offen. Denn die Wahlzettel für Samstag sollen bereits gedruckt sein – ohne Abubakar. Falls die Wahl ohne ihn stattfindet, kann er mit dem Urteil des Obersten Gerichts problemlos die Präsidentschaftswahl anfechten. Im Gespräch waren eine Wahlverschiebung sowie Abubakar-Aufkleber auf den Wahlzetteln. Das Urteil hat auch Bedeutung für die Gouverneurswahlen, denn in 6 der 36 Bundesstaaten hatte die Wahlkommission ebenfalls aussichtsreiche Kandidaten gesperrt. Sie könnten nun eine Neuwahl erzwingen.

Abubakars Triumph rückte die Ergebnisse der Wahlen zu den Spitzenposten der 36 Bundesstaaten Nigerias in den Hintergrund. Im Zuge dieses Wahlaktes starben landesweit 52 Menschen, berichten Zeitungen. Das ist für nigerianische Verhältnisse nicht sehr viel, und der noch amtierende Präsident Olusegun Obasanjo sprach denn auch von einer zufriedenstellenden Bilanz.

Viele Nigerianer sehen neue strenge Sicherheitsvorkehrungen als Grund für die zumeist doch eher friedlich verlaufene Wahl. Es herrschte absolutes Fahrverbot für alle Verkehrsmittel. Wer doch unterwegs war und keinen Wählerschein mit sich führte, riskierte, an den zahlreichen Polizei- und Militärkontrollen verhaftet zu werden. Die Bevölkerung durfte sich nur innerhalb ihres jeweiligen Wahlbezirks bewegen. Die sonst vor Geschäftigkeit pulsierende Metropole Lagos bot ein bizarres Bild ausgestorbener Straßen. Sogar Vogelgezwitscher war zu hören.

Nicht überall verlief die Wahl reibungslos. In mindestens zwei Bundesstaaten, Imo und Ondo, wurde die Wahl annulliert. Unruhen ereigneten sich im Südwesten um Lagos, dem Land der Volksgruppe der Yoruba, die zwar mit Obasanjo den Präsidenten stellt, aber mehrheitlich nicht dessen Partei PDP (Demokratische Volkspartei) zuneigt, sondern dem AC von Vizepräsident Abubakar, die an die Stelle der AD (Action for Democracy) getreten ist. AC-Kandidat Babatudne Fashola siegte denn auch in Lagos, bisher von der AD regiert. Aber in allen anderen Bundesstaaten der Region konnte sich Obasanjos PDP halten. Sie gewann bis gestern 26 der 32 fertig ausgezählten Bundesstaaten. Damit wird sie wie auch in der vergangenen Legislaturperiode dominierend sein, als sie 29 Staaten regierte. Immer lauter werden indes Klagen über die Parteilichkeit der Wahlkommission sowie von Sicherheitskräften zugunsten der PDP. Der AC nannte die gesamte Wahl eine „Farce“.

Kurioses ereignete sich im Bundesstaat Abia im Südosten. Der Gewinner der Gouverneurswahlen, Chief Theodore Ahamefula Orji von der Partei PPA, befindet sich in Untersuchungshaft der Korruptionsbehörde. „From Prison to Palace“, schrieben gestern Zeitungen – vom Gefängnis zum Regierungspalast.