Schlagen, treten, forschen

Am kommenden Samstag ist es wieder so weit. Anne Merkt, Doktorin der Psychologie und wissenschaftliche Mitarbeiterin der Uni Bremen, wird sich ihre langen Haare zu eng anliegenden Zöpfen flechten, die Hände bandagieren und in Kampfshorts und engem Sport-T-Shirt eine umzäunte Kampffläche betreten: den Cage. Bis zu einer Viertelstunde lang, drei Runden à fünf Minuten, wird die 28-jährige Hamburgerin schlagen, treten, werfen, hebeln und würgen.

Anne Merkt ist Wissenschaftlerin – und Kämpferin der Mixed Martial Arts (MMA), der gemischten Kampfkünste. Kampfsport begleitet Merkt schon ihr ganzes Leben. Sie war noch keine zehn, als ihre Mutter sie zum ersten Mal in ein Gym mitnahm, seither ist sie dabei geblieben. Ihren Trainer Rolf Brauße, den Urvater des Combat Team Hamburg und eine der MMA-Trainerlegenden in Deutschland, kennt sie schon, seit sie neun ist.

Geht das zusammen, Kampfsport und Wissenschaft? Na klar, sagt Anne Merkt. Sie braucht den körperlichen Ausgleich zu ihrem „verkopften“ Hauptberuf, sie liebt es, abends auf der Matte zu stehen, wenn sie den ganzen Tag über ADHS geforscht hat. Sechs Tage pro Woche trainiert sie, wenn sie in der Vorbereitung auf einen Kampf ist. Ringen, Boxen, Brazilian Jiu-Jitsu – das volle Programm, um im Cage zu bestehen.

Angst vor Verletzungen hat sie nicht – außer leichten Blessuren ist ihr noch nie etwas passiert. Jedenfalls nicht im Kampfsport. Einen dicken Cut über der Nase und einige ausgeschlagene Zähne hatte sie im Frühjahr diesen Jahres – wenige Wochen vor einem Kampf war sie auf der Straße von einem Auto angefahren worden, konnte kaum trainieren, und verlor dann nach Punkten gegen die sehr gut auf Merkt vorbereitete Aitek Emadi vom Combat Club Cologne. Aus diesem Team kommt auch ihre Gegnerin am kommenden Samstag in Hamburg, Katharina Lehner.

Letztlich, sagt Merkt, ist ihr Sieg oder Niederlage nicht so wichtig. Sie liebt den Sport – aber anders als andere KämpferInnen, die lieber heute als morgen ihren Hauptberuf zugunsten einer Profi-Karriere an den Nagel hängen würden, mag sie auch ihren Job als Psychologin. Der bedeute im Kampf übrigens keinen großen Vorteil – Psychologie sei ja nicht Hellsehen, sagt sie.

Andersherum schon eher: Der Kampfsport habe ihr im Beruf geholfen, sich als Frau durchzusetzen. Am Samstag wird sie als „Doktor Anne Meeeeeeeeeeerkt!“ in die Halle gerufen werden. Wird ganz Kämpferin sein. Bis zum Montag, wenn sie wieder arbeiten geht.  BERND PICKERT

We Love MMA: 27. 9., Hamburg, O2 World; www.welovemma.de