Nach den Rechten geschaut

Ganz im Süden des Landes hat Niedersachsens NPD ihren Parteitag abgehalten. Dem Bürgermeister des Tagungsortes ist dessen gute Ruf so wichtig, dass er auch schon mal berichterstattende Journalisten attackiert

In Oldenburg hatte es vor einigen Wochen nicht geklappt, auch andernorts waren ihr die Türen verschlossen geblieben. In Herzberg-Scharzfeld, am Südrand des Harzes, traf sich die niedersächsische NPD am vergangenen Sonntag, um doch noch ihren „43. Ordentlichen Landesparteitag“ abzuhalten. Und obwohl er weder eine Rede hielt noch Delegiertenhände schüttelte, irritierte der CDU-Bürgermeister des Ortes, Gerhard Walter.

Rund 100 Delegierte und Gäste kamen in der Gaststätte „Zum Dorfgemeinschaftshaus“ zusammen. Das ehemalige städtische „Schützenhaus“ wird von einem privaten Pächter betrieben. Ab dem Morgen nahm auch Bürgermeister Walter an dem Parteitag teil. Die Polizei habe ihn angerufen, „um mal nach den Rechten zu schauen“, sagt der langjährige Kriminalbeamte. Doch er schaute nicht nur vorbei. Vor Ort erklärte er gegenüber einem NDR-Team, er habe nichts dagegen, dass die NPD hier tage, „so lange es kein Ärger gibt“. Und schlug einem Fotografen auf die Kamera – Walters Begründung: Er habe nicht gleich erkennen können, dass es sich um einen Journalisten gehandelt habe. Im Nachhinein erklärte er gegenüber der taz, „gegen jeden Extremismus“ zu sein, und dass die Vermietung an die NPD nicht mehr aufzukündigen gewesen sei. Die rechtsextreme Partei „wird aber hier nie wieder tagen“, so Walter.

Ob es wirklich keine Möglichkeit gab, etwas gegen das NPD-Gastspiel zu tun, fragt sich Klaus Posselt von der SPD-Ratsfraktion in Herzberg. Die SPD hat jetzt eine Anzeige in der Lokalpresse geschaltet – „auch um auf den Rechtsextremismus in der Region hinzuweisen“, sagt Posselt. Als Lehrer erlebe er, wie die Rechten bei den Schüler vermehrt „ankommen“. Im Länderdreieck zwischen Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen verfestigen sich seit längerem Kameradschaften und NPD. Darüber, weiß Posselt, mag der Bürgermeister nicht gern reden.

Das erlebte auch Ilyas Cangöz, Ratsherr für „Die Linke“. Im November hätten Rechte die Tür der alevitischen Kulturvereinigung beschädigt, erzählt er. Und dass Walter gewollt habe, „dass das nicht groß öffentlich wird“. Der Bürgermeister, sagt Cangöz, halte „Antifa“ und „Attac“ für „gefährlicher“. Derzeit überlegen SPD und Linke, eine Sondersitzung des Rates zu beantragen.

Gänzlich ungestört von Protesten wählte die NPD übrigens Ulrich Eigenfeld zum Landesvorsitzenden und Andreas Molau zum Spitzenkandidaten. ANDREAS SPEIT