Sudans UN-Zusage lässt Darfurs Helfer kalt

3.000 UN-Soldaten sollen als Beobachter die afrikanische Friedenstruppe in Darfur verstärken. Hilfswerke skeptisch

NAIROBI taz ■ Wer als Besucher nach Otash kommt, muss sich registrieren lassen. Es dauert, bis man den versteckten Bau gefunden hat, wo vier Soldaten der Afrikanischen Union (AU) das Flüchtlingslager nahe der Stadt Nyala im Süden Darfurs bewachen. 55.000 Flüchtlinge leben in Otash, „einer Kleinstadt mitten im Nichts“, beschreibt Harry Donsbach vom Hilfswerk World Vision das vier Jahre alte Camp. Donsbach ist gerade aus Otash zurückgekommen. Dort gibt es immer wieder Engpässe bei der Versorgung mit Wasser und Nahrungsmitteln, berichtet er. „Praktisch stündlich kommen neue Flüchtlinge an, die vor der Gewalt in ihren Dörfern weglaufen und notdürftig unter Plastikplanen kampieren.“ Und wer das Lager auf der Nyala abgewandten Seite verlässt, wo es noch ein bisschen Brennholz gibt, riskiert, vergewaltigt oder ermordet zu werden. Die vier AU-Soldaten, die mit zwei Jeeps 55.000 Menschen schützen sollen, können keine Sicherheit bieten.

Dass die gut 7.000 AU-Soldaten in Darfur zu wenige sind, zu schlecht ausgerüstet und chronisch unterfinanziert, bestreitet nicht einmal die AU selbst. Seit Monaten gehört sie zu den stärksten Fürsprechern für eine gemischte Truppe, der auch UN-Blauhelme angehören sollen. Doch erst in der Nacht zum Dienstag gab Khartums Regierung dem massiven internationalen Druck nach und stimmte der zweiten Phase eines Plans zu, den Sudans Präsident Omar Hassan al-Baschir eigentlich schon im November 2006 mit UN-Generalsekretär Kofi Annan vereinbart hatte – im Prinzip. Dass sie jetzt doch die damals schon zugesagten 3.000 UN-Militärbeobachter und UN-Polizisten mit Panzerfahrzeugen und sechs Militärhubschraubern ins Land lassen will, hielt zuletzt kaum jemand mehr für möglich.

Von einem „positiven Signal“ sprach gestern Annans Nachfolger Ban Ki Moon, nachdem Sudans Außenminister Lam Akol am Montag das Einlenken seiner Regierung verkündet hatte.

Doch Desiré Assogbavi, der das Hilfswerk Oxfam bei der AU vertritt, bleibt skeptisch. „Ich möchte wirklich glauben, dass Sudans Regierung es diesmal ernst meint.“ Doch dafür hat er den seit 2003 währenden Konflikt, bei dem mindestens 200.000 Menschen getötet worden sind und fast 2,5 Millionen vertrieben wurden, zu lange verfolgt. „Khartum hat schon oft heute ja und morgen nein gesagt. Ich glaube das Ganze erst, wenn ich die UN- Truppen mit eigenen Augen in Darfur sehe.“

Doch selbst, wenn: Dass 3.000 Soldaten zusätzlich der Gewalt in Darfur ein Ende machen, glaubt Assogbavi nicht – vor allem, da auch sie nur beobachten sollen. „Darfur braucht einen robusten Militäreinsatz mit mindestens 20.000 Soldaten, so wie es der Sicherheitsrat beschlossen hat“, sagt der Oxfam-Vertreter und befürchtet, dass die sudanesischen Behörden den tatsächlichen Einsatz der UN in Darfur so lange wie möglich herauszögern werden. Schon für die AU-Truppen standen Jeeps monatelang im Hafen, weil angeblich Zollpapiere fehlten. Immer neue Formulare machen Hilfsorganisationen täglich das Leben schwer. Auch die UN-Truppen im Sudan sind in vielerlei Hinsicht auf die Regierung angewiesen. So muss Khartum ihnen Land- und Wasserrechte zuweisen, was dauern kann. „Und dann kommt noch die UN-Bürokratie hinzu.“ Vier Monate, so Assogbavis Schätzung, werden die UN alleine brauchen, um die nötigen Truppen und Gelder zusammenzukriegen. MARC ENGELHARDT