Glückliche Kunden

Mehr als 150 Essener Gasverbraucher sind mit einer Sammelklage gegen die örtlichen Stadtwerke erfolgreich

Der Jubel war verhalten, die Erleichterung dafür umso größer. 100 Kunden der Stadtwerke Essen versammelten sich zu einer Urteilsverkündung des Landgerichts Essen. Und die Richter entschieden im Interesse der Verbraucher. Danach müssen sie die Erhöhung der Gaspreise seit September 2004 nicht zurückzahlen. Sie hatten geklagt, weil ihnen die Verdoppelung des Gaspreises innerhalb der vergangenen zweieinhalb Jahren einfach zu viel geworden war. Insgesamt hatten sich 166 Personen der Sammelklage angeschlossen.

Angestoßen hatte die Klage der Baurechtler Peter-Enrique Bergemann. Er warf den Stadtwerken „Bürgerfeindlichkeit und Willkür“ vor. Insgesamt seien nun 25.000 Verträge von dem Urteil betroffen – wenn es denn rechtskräftig wird. Die Stadtwerke haben die Möglichkeit, vor der nächst höheren Instanz, dem Oberlandesgericht Hamm, in Berufung zu gehen.

Insgeheim hofft Bergemann sogar darauf: Das Essener Urteil zwingt die Stadtwerke nicht, ihre Kalkulationen offen zu legen. So könnten bislang Preiserhöhungen aus angeblichen „wirtschaftlichen Zwängen“ erfolgen. Eine entsprechende Klausel wurde zwar vom Gericht kritisiert ,aber nicht rechtsmäßig beanstandet. „Sollte das Gericht in Hamm das Urteil bestätigen und zudem die Klausel für rechtswidrig erklären, müssen sich auch die Stadtwerke bewegen“, sagt Bergemann. In diesem Fall gehe er zudem davon aus, dass auf das Unternehmen eine Vielzahl von Einzelklagen zukommen werde.

In Nordrhein-Westfalen war es das erste Urteil dieser Art. Bundesweit gab es bereits acht vergleichbare Urteile. In Dortmund ist eine Klage der Verbraucherzentrale anhängig. „Ich bezweifle allerdings, dass sie die Interessen der Verbraucher tatsächlich vertreten“, sagt Bergemann. Andererseits: „Besser die klagen als Keiner.“

Alternativen hierzu gibt es jedenfalls nur auf dem Papier. So können Gas-Kunden in Essen zwar seit dem 1. April auch in Essen zwischen zwei Gas-Lieferanten wählen. Doch der Alternativ-Anbieter „E wie einfach“ gehört zu Eon-Ruhrgas. Das Essener Unternehmen ist über eine Tochter an den Essener Stadtwerken beteiligt. Eine Tatsache, die auch dem Richter des Landgerichts nicht verborgen blieb. So bleibe das Geld wenigstens „in der Familie“, sagte er bei der Verhandlung. Die Anwesenden Kläger lachten; die Vertreter der Stadtwerke blieben dagegen verdächtig ruhig. HOLGER PAULER