Klimaschutz als Geschäftsmodell

Geld verdienen wollen die deutschen Unternehmen mit umweltfreundlicher und effizienter Technik gern. Verbindliche Vorgaben stoßen hingegen auch auf der Hannover Messe auf Ablehnung. Windkraftbranche verzeichnet Rekordwachstum

AUS HANNOVER JÜRGEN VOGES

Energieeffizienz und Klimaschutz: Diese Themen stehen auch im Mittelpunkt der Hannover Messe, auf der noch bis morgen 6.400 Unternehmen ihre neuen Produkte oder technologischen Lösungen präsentieren. Für den Chef der Messegesellschaft steht fest, dass „der effiziente Umgang mit Energie und die Versorgungssicherheit“ „maßgeblich über Standortfragen und Wettbewerbsfähigkeit ganzer Branchen entscheiden“.

Die wachsende wirtschaftliche Bedeutung von Energieerzeugung und -effizienz schlägt sich schon in der Aufteilung der Hannover Messe, des weltweit größten Technologie- und Investitionsgütermarktes, nieder. Die Ausstellung „Energy“ hat sich mittlerweile auf vier Hallen ausgebreitet. Dominant ist auf der Teilmesse die boomende deutsche Windkraftbranche. Sie konnte gestern in Hannover für das vergangene Jahr stolze 22 Prozent Umsatzwachstum verkünden. Für 2007 und 2008 sind die Hersteller von Windkraftanlagen praktisch ausgebucht. Die Exportquote der Branche soll 2007 auf 70 Prozent wachsen. Im Inland will der Bundesverband Windenergie erreichen, dass bis 2020 ein Fünftel des Stroms von Windrädern produziert wird. In wesentlich kleinerer Zahl sind auf der „Energy“ die Hersteller von Photovoltaik- oder von Anlagen zur Energieerzeugung aus Biomasse oder Biogas präsent.

Energieeffizienz ist auch in den anderen Messehallen Thema. Da präsentierte Siemens-Chef Klaus Kleinfeld Bundeskanzlerin Merkel einen mit Niederspannung betriebenen Elektromotor, der den Stromverbrauch erheblich senken soll. Bewundern kann man auf der Messe auch ein neuartiges Kugellager mit schräger Anordnung, das als Radlager im Auto den Spritverbrauch um 1,5 Prozent senken soll. Unternehmen können auf der Messe zudem studieren, wie man in Fabriken durch Optimierung von Pumpen oder Druckluftanlagen nicht nur Energie, sondern auch Geld sparen kann.

Geld verdienen will auch der Fachverband „Energietechnik“ im Zentralverband der deutschen Elektroindustrie, der auf der Hannover Messe eindringlich für die flächendeckende Einführung intelligenter Stromzähler warb. Wie beim Telefonieren mit dem Handy könnte bei den neuen Zählern der Strompreis nach Tageszeiten schwanken und so den Preis an ein wechselhaftes Stromangebot – etwa des Windes – anpassen. Einen Umsatz von rund 10 Milliarden Euro hofft die Branche in Deutschland mit den Zählern zu machen.

Ungemütlich wird die Industrie aber, wenn der Klimaschutz eigenes Geld zu kosten droht. BDI-Präsident Jürgen Thumann verwahrte sich denn auch auf dem Energie-Dialog der Hannover Messe gegen höhere Energiesteuern und gegen bindende staatliche Klimaschutzvorgaben. Man müsse nur den Wettbewerb fördern und ein günstiges Investitionsklima schaffen, dann seien bereits „die entscheidenden Weichen für mehr Energieeffizienz in der Wirtschaft gestellt“, behauptete er.