Anschlag auf Christen

In der Türkei werden drei Männer in einem Bibel-Verlagsgebäude brutal getötet, darunter ein Deutscher

ISTANBUL taz ■ Bei einem Überfall auf ein christliches Verlagshaus in der ostanatolischen Stadt Malatya sind gestern drei Menschen getötet worden, darunter nach Angaben der deutschen Botschaft in Ankara auch ein Deutscher. Die fünf Täter sind nach Angaben des türkischen Innenministers Adbulkadir Aksu festgenommen worden. Einer von ihnen hatte versucht, durch einen Sprung aus dem Fenster zu flüchten, und wurde schwer verletzt.

Die Täter setzten die Männer auf Stühle, banden ihnen Hände und Füße zusammen und schnitten ihnen die Kehlen durch. Innenminister Aksu sagte, man habe die Täter am Tatort mit ihren Waffen festnehmen können. Sie hätten einen Zettel bei sich getragen, auf dem stand: „Wir gehen in den Tod. Wir kehren vielleicht nicht mehr zurück.“ Nähere Angaben zur Identität des getöteten Deutschen lagen zunächst nicht vor.

Der überfallene Verlag, Zirve Yayinlari, hat vor Ort keine Bücher gedruckt, sondern nur vertrieben. Der Mutterverlag in Istanbul druckte und vertrieb unter anderem das Buch „Die Tatsache der Wiederauferstehung“ des US-Evangelisten Josh McDowell auf Türkisch. Am offensivsten missionieren in der Türkei US-amerikanische und südkoreanische Bibelgesellschaften und Prediger. Deutsche Kirchen halten sich mit Mission zurück.

Missionare sind in der Türkei vor allem rechten, islamistischen und ultranationalistischen Gruppen ein Dorn im Auge. Der Zirve-Verlag, wurde schon früher bedroht, hat aber nie Polizeischutz angefordert. Nach Ansicht türkischer Terrorexperten deutet die Tötungsmethode auf die radikalislamische Hizbullah hin. Diese hat mit der libanesischen Hisbollah nichts zu tun. Sie kam Ende der 1990er-Jahre in die Schlagzeilen, als in mehreren Orten der Türkei auf „Killing Fields“ dutzende Leichen ausgegraben wurden. Die Hizbullah war vor allem im Kurdengebiet aktiv und wurde von Experten verdächtigt, mit staatlichen Stellen gegen die kurdische PKK zusammengearbeitet zu haben.

Die gestrige Tat könnte im Zusammenhang mit dem Mord an einem italienischen Priester vor einem Jahr und dem Attentat auf den armenischen Journalisten Hrant Dink stehen. Sie erscheint wie das Glied einer Kette von Provokationen im Wahljahr 2007, in dem sowohl der Staatspräsident als auch das Parlament gewählt werden.

DILEK ZAPTCIOGLU