Massenflucht in die Türkei

NAHOST Über 130.000 Kurden verlassen Syrien, weil Islamisten vorrücken. Bundesinnenministerium fordert mehr Platz für Flüchtlinge – in anderen EU-Staaten. Grüne: Tragödie nicht begriffen

ISTANBUL/BERLIN dpa/taz | Der Vormarsch der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) im Norden Syriens hat mittlerweile mehr als 130.000 Menschen zur Flucht in die angrenzende Türkei getrieben. Insgesamt seien sogar 150.000 Menschen vertrieben worden, teilte das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR am Montag mit. Der türkische Vizeministerpräsident Numan Kurtulmus sagte, sein Land bereite sich auf eine neue Flüchtlingswelle mit möglicherweise Hunderttausenden Menschen vor – abhängig von weiteren Angriffen des IS. Schon bisher hat die Türkei nach Regierungsangaben rund 1,3 Millionen Flüchtlinge aufgenommen.

Die Bundesregierung hat bereits auf die neue Flüchtlingswelle reagiert – und mehr Solidarität von allen EU-Staaten eingefordert. Ein Sprecher des Innenministeriums stellte am Montag in Berlin fest, dass „überhaupt nur 10 von 28 EU-Staaten Flüchtlinge in nennenswertem Umfang aufnehmen“. Dies müsse verbessert werden, etwa indem ein Asylbewerber nach seiner Registrierung in einem EU-Staat vorübergehend in einem anderen Staat untergebracht wird. Der Sprecher betonte, Innenminister Thomas de Maizière (CDU) habe aber nicht die Absicht, das sogenannte Dublin-Verfahren aufzukündigen, das regelt, welches EU-Mitgliedsland für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist.

Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth forderte hingegen eine verstärkte Aufnahme von Flüchtlingen. „Wenn wir von 20.000 Menschen aus Syrien reden, dann ist das ein krasser Widerspruch zur Realität von Flucht in der Region“, sagte die Grünen-Politikerin im Deutschlandfunk. Wenn Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sage, Deutschland nehme zu viele auf, dann sei das angesichts der Tragödie „nicht die richtige Haltung“.

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