St. Georg soll Bahnhofsviertel bleiben

SAUBERKEIT Eine Anwohnerinitiative fordert erneut von der Stadt, am Hansaplatz aufzuräumen und unliebsame Menschen zu vertreiben, das Bezirksamt Mitte will Handlungsspielräume nutzen

„Die Vorstellung, dass am Hansaplatz alles clean wird, ist unrealistisch“

ANDY GROTE, SPD

Eine Anwohnerinitiative sieht den Hansaplatz in St. Georg „in die Verwahrlosung“ abgleiten und fürchtet die „Renaissance altbekannter SPD-Zeiten“. In einem offenen Brief, den 73 Anwohner unterzeichneten – darunter auch Ex-Justizsenator und Suizidhelfer Roger Kusch –, fordern sie eine Sofortmaßnahme zur Aufhübschung des Platzes und verschärfte Kontrollen. Kurz nach dem Aufschrei der Anwohnerinitiative seien am Montag Ausländer und Prostituierte auf dem Hansaplatz von der Polizei kontrolliert worden, sagt Mehmet Simsit, der am Platz die Kneipe Hansatreff betreibt.

Bereits im Juli startete eine Initiative aus Gewerbetreibenden und Wohnungsbesitzern den Vorstoß, einen privaten Sicherheitsdienst zu engagieren, der Betrunkene und Bettler aus St. Georg vertreibt. Der Hansaplatz sei nicht nur ein Treffpunkt für die Trinkerszene. Der Drogenhandel habe auch zugenommen und die Prostituierten gingen trotz offiziellen Kontaktverbots weiter ihrem Gewerbe nach, erklärte die Initiative.

Michael Joho, Vorsitzender des Einwohnervereins in St. Georg, hält von all der Aufregung wenig. „Die Lage auf dem Hansaplatz ist nicht so zugespitzt, wie sie dargestellt wird“, sagt er. „Man muss sich zusammensetzen, um eine reale Problemlösung zu betreiben.“ Mitte-Bezirksamtsleiter Andy Grote (SPD) beschreibt eine Veränderung am Hansaplatz, die „mit Armutsmigration aus Osteuropa zu tun hat“, ein Zustrom, der sich ein einem Bahnhofsviertel nun einmal als erstes bemerkbar mache. Die Gemengelage ist für Grote nicht neu: „Es gibt die Beschwerden der einen, dass der Platz verwahrlost – und die der anderen, dass er schon zu clean und gentrifiziert ist“, sagt Grote. „Wir versuchen, die Situation eng zu begleiten“, sagt der Bezirksamtsleiter, „aber das Vertreiben bestimmter Gruppen funktioniert so nicht.“ Dennoch werde das Bezirksamt Handlungsspielräume nutzen, um etwa unerwünschte Pissecken am Platz zu beseitigen. St. Georg werde ein Bahnhofsviertel bleiben. Die Vorstellung, dass da alles clean wird, sei unrealistisch.

Die CDU hat das Thema unter dem Titel „Zunehmende Vermüllung, Vandalismus und Trinkgelage: Hilferufe aus St. Georg, vom Jungfernstieg und aus anderen Stadtteilen nicht ignorieren“ für die Aktuelle Stunde der heutigen Bürgerschaftssitzung angemeldet.  KVA/LKA