Brandenburger Wirtschaft hofft wieder

Statt auf Großprojekte zu setzen, fördert der brandenburgische Wirtschaftsminister nun den Mittelstand. Mit Erfolg: Viele märkische Unternehmen profitieren vom Aufschwung. Doch der Wirtschaftsstandort hat ein Imageproblem

Mit der Schlagzeile hat keiner gerechnet: Potsdam liegt unter den Top 20 der deutschen Städte in Sachen wirtschaftlicher Zukunft. Die brandenburgische Landeshauptstadt hat damit nicht nur zahlreiche Städte in Westdeutschland hinter sich gelassen, sondern auch die benachbarte Bundeshauptstadt. Geht es also plötzlich aufwärts in Brandenburg?

Ja, meint der Hauptgeschäftsführer des Unternehmerverbandes Brandenburg, Roland Kleint. „In vielen Betrieben sind die Auftragsbücher voll.“ Damit ergreife der Aufschwung der deutschen Wirtschaft auch Brandenburg. „Die pessimistische Stimmung der vergangenen Jahre ist der Hoffnung gewichen“, meint Kleint. Es gebe vielfach ein „Auf- und Durchatmen“.

Auf- und durchgeatmet wird tatsächlich in Brandenburg. Das betrifft nicht nur Frankfurt (Oder), wo die Solarenergie bald genauso vielen Menschen Arbeit geben dürfte wie die einst geplante Chipfabrik, lange Zeit die große Hoffnung der Grenzstadt. Auch in anderen Branchen geht es voran. „Energietechnologie, Luft- und Raumfahrt, chemische Industrie – das alles sind Wachstumsbranchen in Brandenburg“, freut sich Steffen Kammradt, Sprecher von Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU). „Das Problem ist nur, dass das niemand mit Brandenburg verbindet.“

Tatsächlich hat der Wirtschaftsstandort Brandenburg ein Imageproblem. Lange Zeit war die Wirtschaftspolitik im Lande gleichbedeutend mit der Förderung von Großprojekten. Die sind aber allesamt gescheitert, nicht nur bei der Chipfabrik in Frankfurt (Oder). Auch aus dem Cargolifter in Brand (Lausitz) wurde nichts, und auf dem Lausitzring jagen sich nicht die Formel-1-Piloten, sondern die Fahrer von Quads, jenen dicken Geländehummeln, für die die Rennstrecke bestimmt nicht gebaut wurde. So wurden Millionen und Abermillionen im märkischen Sand versenkt ohne auch nur ein Zeichen wirtschaftlicher Besserung.

Damit ist jedoch Schluss. Auch wenn Wirtschaftsminister Junghanns am Symbolvorhaben Chipfabrik bis zuletzt festgehalten hatte, geht seine Politik nun in eine andere Richtung. „Mein Großprojekt ist der Mittelstand“, versprach der gebürtige Frankfurter zum Amtsantritt 2002, und mittlerweile lassen sich tatsächlich erste Ergebnisse vorweisen.

Mit seinem „Wachstumsprogramm“, einer speziellen Förderung von mittelständischen Betrieben, hat die Brandenburger Wirtschaftsförderung bereits 300 Unternehmen unterstützt und somit 1.000 Arbeitsplätze geschaffen. Mit der Festlegung von 16 Schwerpunkten hat Brandenburg seine Fördermittel zudem auf jene Branchen konzentriert, von denen man sich Wachstum und damit Zukunft verspricht. Davon profitiert nun auch Frankfurt (Oder) mit seiner Solarenergie.

Eines aber haben die Brandenburger, trotz aller Erfolge, noch nicht geschafft: gegenüber den anderen Bundesländern aufzuholen. Noch immer gehört die Mark zu den wirtschaftlichen Schlusslichtern in Deutschland. Trotz der Fördermaßnahmen fehlt es noch immer an einem starken Mittelstand, meint auch Roland Kleint, der Chef des Unternehmerverbandes. Die Wirtschaft sei äußerst kleinteilig; durchschnittlich verfügten die Mitgliedunternehmen des Verbandes lediglich über sieben Mitarbeiter, den Chef eingerechnet. „Besonders in der Peripherie des Landes haben viele Unternehmer noch große Sorgen und müssen tüchtig kämpfen“, betont Kleint.

Immerhin: Wer qualifiziert ist, kann sich auch im Bundesland Brandenburg wieder Hoffnung machen. Laut Roland Kleint suchten gut laufende Betrieb inzwischen händeringend Mitarbeiter. „Personal ist zwar ausreichend vorhanden, jedoch nicht die erforderlichen gut qualifizierten Leute.“ Dazu gehörten unter anderem Spezialschweißer, Mechatroniker oder hoch qualifizierte Elektriker.

UWE RADA