wir besprechen blogs (5)
: Gänseblümchen und Diego

15 Autoren schreiben im Weblog des Fußballmagazins „Rund“. Originell sind sie vor allem, wenn sie nicht witzig sein wollen

Er ist witziger, als Heribert Fassbender es je war. Er ist mindestens so originell, wie es Waldemar Hartmann immer sein will. Die Rede ist von Beni Thurneer. Den kennt jeder, der sich in der Schweiz für Fußball interessiert. Er moderiert, wenn die Nati spielt, will immer lustig sein und manchmal ist er wirklich witzig. Ein Thurneer gefällig? Bitte: „Adriano gibt als seine Vorbilder Kaka und Jesus an. Kaka von Milan und Jesus von Nazareth.“ Leider versteht er von Fußball nicht allzu viel. Und deshalb ist er alles andere als unumstritten. Gut, dass es den Rund-Blog gibt, den Weblog des Fußballmagazins Rund. Dank Blogger David Mühlemann wissen wir, dass Fußballexperten auch andernlands oftmals vergeblich nach kompetenter Medienberichterstattung Ausschau halten.

Mühlemann ist einer von 15 Autoren, die sich auf dem Gemeinschaftsblog von Rund auslassen. Bisweilen meldet sich auch die Redaktion des Magazins zu Wort – doch das geschieht nicht allzu oft. Bedauern muss man das nicht. Denn es findet sich auch ohne professionelle Autoren so manches Lesenswerte auf blog.rund-magazin.de/. Die Tage, an denen kein Eintrag auf die Seite gestellt wird, sind rar. Das ist anders als bei vielen anderen Blogs. Als die Blattmacher des Magazins vor gut einem Jahr beschlossen, ein Weblog in ihren Internetauftritt zu integrieren, wollten sie sich nicht auf einen Netztagebuchschreiber verlassen, wollten sich nicht von der Lust oder Unlust eines Einzelnen auf ein Posting abhängig machen. Per Eigenanzeige im Printmagazin und natürlich auf der Website forderten sie schreibwillige Fußballfreunde und -freundinnen auf, sich als Blogautor zu bewerben. Bei der Auswahl achtete die Redaktion zum einen auf die schreiberischen Fähigkeiten, zum anderen auf eine möglichst große regionale Streuung. Und so erfahren die fußballhungrigen Netzhopper etwas über Schweizer Fußballreporter genauso wie Neuigkeiten aus dem Innenleben eines im Badischen gestrandeten Anhängers von Bayer Leverkusen. Und wenn die Blogger reisen, dann wandern Gedanken über die Gänseblümchen auf ungarischen Fußballplätzen durchs Netz und schon ist der Besucher des Blogs mitten in der Entscheidung über den Ausrichterverband der übernächsten Fußballeuropameisterschaft.

Erfreulich wenig albern sind sie die Einträge im Gemeinschaftsblog. Denn immer wenn die Autoren selbst besonders witzig sein wollen, dann gerät das meist nur nur mäßig lustig. Wer die Selbstdarstellungen der Blogger liest, hat vielleicht schnell keine Lust mehr auf den Rund-Blog. Beinahe alle inszenieren sich, als wären sie kleine Komiker. Schade eigentlich. Denn Originelles gibt es genug zu finden im Blog.

Bleiben wir bei den Postings! Die sind eine wahre Fundgrube. Den Link auf ein Youtube-Video mit Diego Maradona klicken wahre Fußballästheten wohl nicht nur einmal. Während die Teamkameraden sich vor einem Spiel des SSC Neapel mit Stretching quälen, lässt der große Kleine den Ball auf Füßen, auf Oberschenkeln, Kopf und Schultern tanzen. „Während wir dem vielleicht größten Fußballer aller Zeiten beim Sterben zusehen, wünscht man sich, sein Leben wäre nur ein Alptraum wie jeder andere, aus dem man jederzeit wieder aufwachen kann.“ Mit diesen Worten wird man auf das göttliche Video geleitet. Und wer auf das Wort Alptraum klickt, der träumt mit Maradona, der aus dem Schlaf hochschreckt, als er sich selbst mit dem brasilianischen Nationaltrikot erblickt.

Einen Klick weiter ist der Surfer schon in Hannover, im Fanblock gar, dann bei der Nationalmannschaft und schließlich wieder bei den Reportern. Was hat Steffen Simon neulich gesagt? Im Rundblog steht’s: „Das ist jetzt der Alemannia ihr Wetter.“

ANDREAS RÜTTENAUER

blog.rund-magazin.de