Bürgerrechte ab 2009

NRW-Liberale wollen Verfassungsschützern doch die Onlinedurchsuchung von Privat-PCs verbieten. Sie fordern Änderungen am Gesetz ihres Innenministers und verabschieden Konzept zur Sozialpolitik

Aus HAMM ANNIKA JOERES

Sieben Stunden lang hielt die Harmonie auf dem Landesparteitag der Liberalen in Hamm. Die Delegierten wurden von allen Rednern beschworen, geschlossen hinter ihren Ministern zu stehen, beste Bilanzen wurden gezogen, sogar die Stahlträger der Veranstaltungshalle leuchteten blau-gelb. Es wurde geklatscht, Neumitglieder wurden gefeiert, am Buffet bildeten sich Schlangen. Kurz vor Schluss haben die vierhundert Delegierten dann doch noch die Landespolitik kritisiert: Sie forderten die Landtagsfraktion auf, dem Landesverfassungsschutz das Recht zur Online-Durchsuchungen von privaten Computern wieder zu nehmen.

Das im vergangenen Dezember beschlossene Gesetz ist ein zentrales Projekt von FDP-Innenminister Ingo Wolf. „Wir müssen auch den in der FDP lange vertretenen bürgerrechtlichen Aspekten Rechnung tragen“ heißt es in dem Beschluss. Deswegen solle „zeitnah“, spätestens aber zur ohnehin vorgesehenen Neubewertung 2009, den Geheimdiensten untersagt werden, Privatcomputer „auszuspähen.“ Innenminister Wolf antwortete nur kurz, die Partei befinde sich in einem „schwierigen Abwägeprozess“.

Wolf steht seit Wochen in der Kritik seiner eigenen MitarbeiterInnen und der Polizei. Auch der CDU-Arbeitnehmerflügel hatte den Innenminister kritisiert. Zu Beginn des Parteitages hatten vor der Halle etwa 500 Beschäftigte der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in NRW gegen Personalabbau und geringere Bezüge demonstriert und Wolf als „Lügner“ beschimpft. Die liberalen Redner in der Halle lobten Wolf hingegen ausdrücklich. „Wer sich mit unserem Innenminister anlegt, hat die ganze Partei am Hals“, hatte Fraktionschef Gerhard Papke wenige Stunden zuvor gesagt. Auch wenn sich „da draußen ein paar Trillerpfeifen austoben wollen.“

Das eigentliche Motto des 60. Parteitages der Liberalen in Nordrhein-Westfalen war aber die Sozialpolitik. Generalsekretär Christian Lindner forderte, die „soziale Dimension“ des Liberalismus wieder zu beleben. „Ab heute lassen wir uns nicht mehr unsoziale Politik vorwerfen“, sagte Lindner. Das mit großer Mehrheit beschlossene Konzept sieht ein Bürgergeld vor, in dem alle steuerfinanzierten Sozialleistungen zusammengefasst werden sollen. Desweiteren wiederholten die Liberalen alte Beschlüsse: Sie forderten einen gelockerten Kündigungsschutz, mehr private Altersvorsorge und eine frühe Pflicht zur privaten Krankenvorsorge.

Auch das Renteneintrittsalter will die FDP flexibilisieren. Menschen sollen länger als bis zum 67. Lebensjahr arbeiten dürfen oder schon mit 60 aufhören, wenn sie mit den entsprechenden Abschlägen leben wollen. RentnerInnen sollen mehr hinzu verdienen dürfen. „Frei sein, heißt zwischen Optionen für das eigene Lebensglück wählen zu können“, sagte Lindner. Dieser Antrag wurde harmonisch von den Delegierten begrüßt.