Eine ganze Serie finanzieller Eigentore

Berlin Ankaraspor sollte Nachwuchs für die 1. Fußballliga der Türkei ausbilden. Doch das Projekt steht auf der Kippe

Im Wedding herrsche ein „Zweifrontenkrieg“ zwischen altgedienten BAK-Athleten und der Ankara-Fraktion, berichtet ein Insider

Kadir Özdogan klingt genervt. Der Fußballmanager von Berlin Ankaraspor mag es nicht, wenn sich Externe allzu sehr für Interna des Oberligisten interessieren. „Bei uns ist nicht alles rosarot, das behauptet niemand. Aber es läuft recht gut“, schnaubt Özdogan. Die Spieler bekämen ihr Geld, das Punktekonto stimme. Die Mannschaft belege einen Platz im oberen Tabellendrittel. Von einer Krise könne keine Rede sein.

Weshalb hat sich dann Önder Yurtgüven eingeschaltet? Der Politiker, der die CDU in Bremens Bürgerschaft vertritt, soll als designierter BAK-Geschäftsführer für den türkischen Erstligisten Ankaraspor nach dem Rechten sehen beim gleichnamigen Berliner Ableger.

Sportlich sei nichts zu beanstanden, urteilt Yurtgüven. An den Leuten, die im Wedding eine funktionsfähige Organisation aufbauen sollten, lässt er hingegen kein gutes Haar: „Die Funktionäre leben in der Steinzeit und können nicht professionell arbeiten. Nur die Geldausgabe ist professionell.“

Dabei wollte Original-Ankaraspor den Berliner Club im Sommer 2006 mit viel Pomp und großen Worten in die Moderne befördern. Ziel des Joint-ventures war, den vormaligen „Berliner Athletik-Klub von 1907“ (der zu diesem Zweck in „Berlin Ankaraspor“ umbenannt wurde) zu einem Nachwuchsteam des anatolischen Süperligisten zu machen. Ankaras Bürgermeistersohn Ahmet Gökcek übernahm das Präsidentenamt an der Lüderitzstraße, um die Bedeutung des Projekts zu unterstreichen. Unter seiner Führung sollten den Preußen, die früher am Rande des Konkurses kickten, Profimanieren beigebracht werden. In einem Nachwuchsinternat sollte die Berliner Ankara-Filiale hiesige Talente mit türkischen Wurzeln ausbilden und zum Süperligisten transferieren. So weit die Theorie.

In der Praxis scheint das Vorhaben aus den Fugen zu geraten. „Das Projekt ist gefährdet. Es wurden viel zu viele Fehler gemacht“, erklärt Kontrolleur Yurtgüven, knapp ein Jahr nach dem Startschuss des Vorhabens. Im Wedding herrsche ein „Zweifrontenkrieg“ zwischen altgedienten BAK-Athleten und der Ankara-Fraktion. Durch Miss- und Vetternwirtschaft werde Geld aus Ankara vergeudet.

Ein anderer Insider, der aus Angst vor Repressalien namentlich nicht genannt werden möchte, berichtet von wüsten Drohungen und ungezügeltem Spesenrittertum: „Unser Verein wird regelrecht ausgelutscht.“

Ist Berlin Ankaraspor noch zu retten? Yurtgüven will über das Schicksal des Weddinger Clubs noch nicht endgültig urteilen. Er macht aber keinen Hehl daraus, dass er als Bremer seriöses Wirtschaften wie beim hanseatischen Bundesligisten SV Werder einfordert. Falls das deutsch-türkische Projekt überhaupt noch eine Zukunft haben sollte, „müssen wir externe Experten heranholen, sonst machen wir uns zur Lachnummer“.

Im Wedding kursiert bereits der Name eines potenziellen „weißen Ritters“, der das ramponierte Joint-venture retten soll: Der frühere Werder-Torhüter Dieter Burdenski könnte mit seiner Sportmarketing-Agentur das Steinzeitmanagement von Berlin Ankaraspor auf Vordermann bringen.

Es ist zudem unwahrscheinlich, dass der Mutterverein sein Berliner Ziehkind einfach so aufgibt. Melih Gökcek, dem Vater des Berliner BAK-Präsidenten, werden politische Ambitionen in der Türkei nachgesagt. Miese Meldungen aus Fußballdeutschland könnten ihm schaden, heißt es. JÜRGEN SCHULZ