Usbekistan bleibt ein heißes Eisen

Mit 700 Millionen Euro will die EU in den nächsten Jahren die zentralasiatischen Staaten fördern. Vor allem in Usbekistan ist die Lage der Menschenrechte katastrophal. Entscheidung über die Aufhebung von Sanktionen gegen Taschkent vorerst vertagt

Zur diesjährigen Aussaat überwachen jeden Bauern vier usbekische Polizisten

VON MARCUS BENSMANN

Europa folgte am vergangenen Montag auf dem EU-Ratstreffen in Luxemburg dem deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier in die zentralasiatische Steppe. Der Minister betrachtet die Annäherung zwischen Europa und der Region zwischen Kaspischem Meer und chinesischer Grenze als eine „weitsichtige Sicherheitspolitik“. Über die weitere Handhabung der Sanktionen gegen Usbekistan werde erst auf der Sitzung im Mai entschieden, sagte Steinmeier in Luxemburg. Derweil geht die Verfolgung in Usbekistan weiter. Am Dienstag wurde die Andischaner Menschenrechtlerin Gulbahor Turaewa zu sechs Jahren Haft verurteilt.

Unter deutscher Leitung wurden auf dem Treffen im Großherzogtum die Schlussfolgerungen zur Zentralasienstrategie beschrieben. Im Juni wird diese dann endgültig verabschiedet. Zuvor gibt es erst einmal Geld. 700 Millionen Euro werden in den nächsten sieben Jahren in Bildungs-, Demokratie- und Energieprojekte von Brüssel aus nach Zentralasien gepumpt.

Steinmeier wies darauf hin, dass sich China und Russland längst in der an Öl und Erdgas reichen Region positioniert hätten. Neben Energiefragen sei Zentralasien aus europäischer Sicht für die Eindämmung des religiösen Extremismus und des Drogentransfers sowie für die Stabilisierung Afghanistans unerlässlich.

Aber Außenminister Steinmeier ging es nicht nur um Geopolitik. „Ich will ihnen versichern, dass Menschenrechte, Pluralismus und Demokratie untrennbar damit verbunden sind“, sagt er.

Die von autokratischen Präsidenten beherrschten fünf zentralasiatischen Staaten haben ein Demokratieproblem. Vor allem in Turkmenien und Usbekistan sind gravierende Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung. Dennoch heben die EU-Schlussfolgerungen von Luxemburg hervor, dass die neue turkmenische Führung nach dem Tod des bizarren Turkembaschi gewisse Reformen eingeleitet habe.

Die Lage in Usbekistan gab jedoch keinen Anlass zur Freude. Gegen das Land sind seit Oktober 2005 wegen des Massakers von Andischan im Mai desselben Jahres EU-Sanktionen in Kraft, die Einreiseverbote und ein Waffenembargo vorsehen. Indirekt wird in dem Luxemburger EU-Papier konstatiert, dass die bisherigen zwei Expertentreffen zwischen der EU und Usbekistan zu Andischan keine Ergebnisse gebracht hätten. Zudem wird nüchtern erklärt, dass man einen ergebnisorientierten Menschenrechtsdialog mit Usbekistan beschlossen habe, der aber noch nicht begonnen hat. Vor dem Treffen sickerte durch, dass alle positiven und lobenden Worte aus der deutschen Vorlage für die Schlussfolgerungen einkassiert wurden.

Ungeachtet aller deutschen Bemühungen, Usbekistan wieder an Europa anzubinden, ist die Menschenrechtslage unter Präsident Islam Karimow katastrophal. Tausende schmachten als angebliche Islamisten in Lagern. Menschenrechtler, Journalisten und Oppositionelle werden außer Landes getrieben oder verhaftet, Nichtregierungsorganisationen verboten.

Die Bauern des Landes unterliegen einer harschen Ausbeutungspolitik. Zur diesjährigen Aussaat überwachen jeden Bauern vier usbekische Polizisten. Der usbekische Außenminister Wladimir Norow verbat sich auf dem Treffen der EU-Troika in der kasachischen Hauptstadt Astana Ende März jede Einmischung.

In letzter Minute verlängerte Norow am vergangenen Samstag der US-Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch die zuvor verweigerte Akkreditierung um drei Monate. Das war jedoch zu wenig, um die Diplomaten in Brüssel umzustimmen.