Verhaltene Trauer

Nach dem Tod von Russlands Expräsident Jelzin spult der Kreml Pflichtprogramm ab. Beisetzung findet heute statt

MOSKAU taz ■ Russlands staatliche TV-Kanäle machten nicht viel Aufhebens vom Tod des ersten postkommunistischen Kremlchefs Boris Jelzin. Kein Sender unterbrach das Programm wie sonst in Russland üblich. Auch keine Sondersendungen wurden ins Programm geschoben. Präsident Putin trat erst nach 21 Uhr, fünf Stunden nach Jelzins Tod, an die Öffentlichkeit. Laut Kommersant soll er fieberhaft an der letzten Würdigung des Vorgängers gefeilt haben. Am Ende bezeichnete er dessen Ableben als „sehr große Tragödie“.

Seit gestern Nachmittag ist der Leichnam des 76-Jährigen in der Christus-Erlöser-Kirche im Zentrum Moskaus öffentlich aufgebahrt. Heute Nachmittag findet dort die Beisetzungsfeier statt. Der Patriarch der russisch-orthodoxen Kirche Alexej II. übertrug die offizielle Trauerliturgie an Mitropoliten, die in der Kirchenhierarchie ihm nachgestellt sind. Das lässt sich als ein Zeichen bewusster Distanz deuten. Das Patriarchat will es sich mit dem Kreml nicht verderben. Danach wird Jelzin auf dem Friedhof des Jungfrauenklosters beigesetzt. Neben dem Grab von Raissa Gorbatschowa, der Frau des Generalsekretärs der KPdSU und Jelzins erbitterten Widersachers. Hier ruht auch General Alexander Lebed, mit dessen Stimmen Jelzin 1996 in der zweiten Runde der Präsidenschaftswahlen den Verbleib im Kreml sichern konnte.

Putin ordnete für heute einen Tag Staatstrauer an. Eigentlich wollte er vor der Duma die jährliche Rede zur Lage der Nation halten. Am Montagabend entschied man, den Auftritt auf den nächsten Tag zu verlegen, meldete gaseta.ru. Medien zufolge wurde Jelzin vor 12 Tagen ins Krankenhaus eingeliefert. Er soll nach einer Jordanienreise an einer Virusinfektion erkrankt sein, die zu Organversagen führte. KHD